Geheimcode Arbeitszeugnis: Bedeutung der Formulierungen

Ständig hört man von ihm: dem Geheimcode der Formulierungen in Arbeitszeugnissen. Arbeitgeber müssen in ihrer Bewertung zwar ehrlich sein, dürfen aber bestimmte Aspekte im Zeugnis doch nicht offen ansprechen. Aus dieser rechtlichen Grundlage heraus hat sich eine Art Zeugnissprache mit speziellen Formulierungen entwickelt, die es dem Arbeitgeber ermöglicht, auch eher unangenehme Themen wie eine mangelnde Leistung, eine chaotische Arbeitsweise oder ein unerwünschtes Verhalten zur Sprache zu bringen. Wir klären auf, worauf Sie bei der Zeugniserstellung achten sollten und zeigen Ihnen die Bedeutung einiger Formulierungen der Zeugnissprache.

Anforderungen an ein Arbeitszeugnis

Wenn Sie für eine Mitarbeiterin ein Arbeitszeugnis ausstellen müssen, sollten Sie die wichtigsten rechtlichen Vorgaben kennen und umsetzen. Es steht zwar in keinem Gesetz geschrieben, wie ein Arbeitszeugnis genau auszusehen hat. Inzwischen wurde aber durch das Richterrecht eine Vielzahl an Regelungen geschaffen, die Sie einhalten müssen:

  1. Das Zeugnis muss wahr sein.
  2. Es muss alle wesentlichen Tatsachen umfassen, die ein Dritter benötigt, um den Arbeitnehmer zu beurteilen.
  3. Es muss alle Aspekte beinhalten, die einen zukünftigen Arbeitgeber berechtigterweise interessieren könnten (zum Beispiel Fachkenntnisse, Tätigkeiten, Verhalten).
  4. Sie müssen alle Einschätzungen beweisen können, insbesondere schlechte Beurteilungen.
  5. Es gibt keine Vorschriften bezüglich der Formulierung des Zeugnisses, abgesehen davon, dass das Zeugnis „wohlwollend“ formuliert sein muss.
  6. Das Zeugnis darf das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unnötig erschweren.

Wie sollte ein Arbeitszeugnis aufgebaut sein?

Ein Arbeitszeugnis folgt in seiner Form stets demselben Aufbau:

  1. Einleitung: Ein, zwei einleitende Sätze enthalten den vollen Namen und das Geburtsdatum des Mitarbeiters, dessen Stellenbezeichnung sowie den Beginn des Arbeitsverhältnisses.
  2. Firmenvorstellung: Eine knappe Vorstellung des Arbeitgebers zeigt anderen Unternehmern, die das Arbeitszeugnis lesen, um welche Branche, welche Firmengröße und welche Organisationsform es sich bei dem Unternehmen handelt.
  3. Beschreibung der Tätigkeiten: Die Beschreibung der Tätigkeiten erfolgt meist stichpunktartig, vom Wichtigen zum Unwichtigen gegliedert, aber auch Fließtext ist in Ordnung. Beschränken Sie sich auf Aufgaben, die wirklich relevant sind.
  4. Personalverantwortung: Hatte der Mitarbeiter eine leitende Funktion inne, sollten Sie hierzu Angaben machen (z. B. Anzahl der unterstellten Kollegen, Umfang der Verantwortung).
  5. Leistungsbeurteilung: Bewerten Sie die Arbeitsweise, Arbeitsbereitschaft (das „Wollen“), Arbeitsbefähigung (das „Können“), Fachwissen, Arbeitserfolg und ggf. Führungsverhalten. Auch weitere Punkte wie die Eigeninitiative, die Sorgfalt bei den Tätigkeiten oder die Qualität der Arbeitsergebnisse können zur Sprache kommen. Erwähnen Sie besondere Erfolge. Am Ende dieses Bereichs steht die abschließende Gesamtbeurteilung.
  6. Sozialverhalten: Bewerten Sie das Verhalten des Mitarbeiters, also zum Beispiel den Umgang mit Kollegen, Vorgesetzten, Kunden und/oder Geschäftspartnern.
  7. Schlussformel: Drücken Sie Ihr Bedauern über das Ausscheiden des Mitarbeiters aus und wünschen Sie ihm beruflich und privat alles Gute.

Arbeitszeugnisse von Bewerbern richtig lesen: So geht’s

In den folgenden Schritten prüfen Sie ein Zeugnis, das Ihnen ein Bewerber übermittelt. Dieselben Informationen unterstützen Sie als Vorgesetzter oder Personaler allerdings gegebenenfalls auch dabei, selbst ein Arbeits- oder Zwischenzeugnis für eine Mitarbeiterin zu verfassen.

Erwartungen erfüllt: der erste Blick auf die Gesamtbewertung

Im ersten Schritt prüfen Sie das Arbeitszeugnis auf die vergebene Gesamtbewertung. Diese wird mit Formulierungen zum Ausdruck gebracht, die den Schulnoten 1 bis 6 entsprechen. Sie erkennen sie an den folgenden Formulierungen (achten Sie auf die feinen Unterschiede):

Note

Formulierung

Sehr gut

… hat die ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt.

Gut

… hat die ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.

Befriedigend

… hat die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.

Ausreichend

… hat die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erledigt.

Mangelhaft

… hat die ihm übertragenen Aufgaben im Allgemeinen zu unserer Zufriedenheit erledigt.

Ungenügend

… hat sich bemüht, die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erledigen.

Eine sehr gute Beurteilung liest sich stets wie eine gewisse Übertreibung – die Kombination mehrerer positiv besetzter Ausdrücke wie „stets“, „zur vollsten Zufriedenheit“, „Erwartungen übertroffen“, „außerordentlich“ oder „im höchsten Maße“ zeigen, dass Sie vollauf zufrieden waren und die Mitarbeiterin Ihren Erwartungen entsprochen hat. Die danach folgenden Abstufungen lassen entweder einzelne Bestandteile des Satzes weg oder schwächen die Adjektive ab (zum Beispiel „zur vollen Zufriedenheit“ statt „zur vollsten Zufriedenheit“).

Die Leistungsbeurteilung des Arbeitgebers: ein Blick in die Details

Die Leistungsbeurteilung erstellen Arbeitgeber nach demselben Prinzip wie die Gesamtbeurteilung, also mit Schulnoten von 1 bis 6. Superlative deuten auf eine sehr gute bis gute Leistung, sehr gute Fachkenntnisse und herausragende Arbeitsergebnisse hin, besonders wenn der Vorgesetzte die Durchgängigkeit der Leistung betont.

Der Geheimcode: negative Aspekte im Zeugnis zwischen den Zeilen

Ein Arbeitszeugnis darf den Arbeitnehmer nicht in seinem beruflichen Fortkommen behindern. Deshalb hat es sich eingebürgert, negative Aspekte der Zusammenarbeit verschlüsselt in den Text zu integrieren. Hier müssen Sie zwischen den Zeilen lesen:

  • Fehlende Aspekte: Fehlt im Arbeitszeugnis ein Standardbestandteil, der sonst immer erwähnt wird („beredtes Schweigen“), kann dies negativ interpretiert werden, beispielsweise wenn bei einem Kassierer seine Ehrlichkeit nicht erwähnt wird.
  • Selbstverständlichkeiten: Wird eine Selbstverständlichkeit besonders gelobt, etwa dass ein Mitarbeiter sehr pünktlich war, drückt das Unternehmen damit genau das Gegenteil aus.
  • Zeugnisdatum: Das Arbeitszeugnis sollte möglichst auf ein Datum innerhalb von zwei Tagen nach dem Ausscheiden datiert sein, ansonsten kann dies auf Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit dem Mitarbeiter hindeuten.
  • Unterschrift: Wenn das Zeugnis nicht vom direkten Vorgesetzten, vom Personalverantwortlichen oder von der Geschäftsführung selbst unterschrieben ist, drückt dies Geringschätzung aus.
  • Gute Wünsche: Die Schlussformel hat es in sich. Wünscht der ehemalige Arbeitgeber seinem Mitarbeiter an dieser Stelle nicht „weiterhin“ viel Erfolg, unterstellt er indirekt, dass der Erfolg bisher ausgeblieben sei. Auch wenn er ihm für die geleisteten Dienste nicht dankt oder nicht sein Bedauern ausspricht, lässt dies tief blicken.
  • Länge: Ein sehr kurzes Arbeitszeugnis (oder sogar nur ein einfaches Zeugnis) nach einer sehr langen Betriebszugehörigkeit wirkt ebenso auffällig wie ein besonders ausführliches Zeugnis bei der Kündigung eines Mitarbeiters nach einem halben Jahr.
  • Abweichung: Die Gesamtbeurteilung des Vorgesetzten weicht von der einzelnen Leistungsbeurteilung ab (z. B. Gesamtnote „gut“, aber deutlich schlechtere Einzelbewertungen bei Arbeitsweise oder Arbeitserfolg).

Negative Formulierungen im Arbeitszeugnis

Zusätzlich haben sich im Laufe der Zeit bestimmte Formulierungen herausgebildet, die etwas ganz anderes aussagen, als man auf den ersten Blick erwarten würde. Beispiele:

Formulierung

Bedeutung

Sie war stets bemüht, ihren Pflichten nachzukommen.

Sie hat es leider oft nicht geschafft.

Er kam seinen Aufgaben so gut nach, wie er konnte.

Es mangelt ihm an Fachwissen und Fähigkeiten.

Er führte seine Aufgaben in der ihm eigenen Weise aus.

Er hat sich nicht ins Team eingefügt und war ein Quertreiber.

Sie zeigte Verständnis für ihre Aufgaben.

Sie hat nichts erreicht und die Erwartungen nicht erfüllt.

Er bewies Einfühlungsvermögen für die Belange der Belegschaft.

Er flirtete mit Kollegen oder belästigte sie.

Mit seiner Geselligkeit förderte er die Verbesserung des Betriebsklimas im Unternehmen.

Er spricht dem Alkohol zu.

Er setzte sich für die Belange der Belegschaft ein.

Der Mitarbeiter engagiert sich in der Gewerkschaft.

Wir wünschen ihm alles Gute und vorrangig Gesundheit.

Der Mitarbeiter hat oft blaugemacht.

Sie war eine gefragte Gesprächspartnerin im Unternehmen.

Sie tratscht gerne.

Sie hat ein gesundes Selbstvertrauen.

Sie ist arrogant.

Wenn Sie selbst Arbeitszeugnisse von Bewerbern lesen, genießen Sie sie immer mit Vorsicht. Ein ungeübter Schreiber kann Aspekte wie die oben genannten versehentlich und aus Unwissenheit einbringen, ohne etwas Negatives unterstellen zu wollen. Betrachten Sie daher ein Arbeitszeugnis immer im Gesamtzusammenhang und überbewerten Sie keine einzelnen Formulierungen.

Arbeitszeugnis-Formulierungen: häufige Fragen und Antworten

Wer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Jeder Arbeitnehmer hat nach § 630 BGB einen Anspruch darauf, dass Sie ihm nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis ausstellen.

Muss ich ein qualifiziertes Arbeitszeugnis ausstellen?

Standardmäßig müssen Unternehmen nur ein einfaches Zeugnis erteilen, das lediglich die Beschäftigungsdauer und die Aufgaben bescheinigt. Fordert der Mitarbeiter allerdings ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, so müssen Sie eine Beurteilung seiner Leistungen, Fähigkeiten und seines Verhaltens vornehmen (§ 109 GewO). Ausnahmen gibt es lediglich bei sehr kurzer Beschäftigungsdauer. Aber schon ab sechs Wochen können Arbeitnehmer ein qualifiziertes Zeugnis verlangen (Urteil des LAG Köln vom 30. März 2001, Az. 4 Sa 1485/00).

Dürfen Kündigungsgründe im Arbeitszeugnis angegeben werden?

Solche Formulierungen sind nicht zulässig, wenn der Mitarbeiter dem nicht zustimmt (Urteil des LAG Düsseldorf vom 22. August 1988, LAGE § 630 BGB Nr. 4). Beispiele:

  • „Der Mitarbeiter verlässt unser Unternehmen auf eigenen Wunsch zum Datum.“
  • „Das Arbeitsverhältnis endet im gegenseitigen Einvernehmen zum Datum.“ (Aufhebungsvertrag)

Welche äußere Form sollte das Arbeitszeugnis haben?

Dank zahlreicher Gerichtsurteile gibt es inzwischen eine ganze Reihe an Formerfordernissen, denen ein Zeugnis genügen muss:

  • ungelochtes Geschäftspapier des Unternehmens im DIN-A4-Format
  • Knicke sind nur erlaubt, wenn das Zeugnis noch ohne Rückstände kopiert werden kann
  • eigenhändige Unterschrift eines Vorgesetzten (dessen Stellung muss erkennbar sein)
  • Ausstellungsdatum idealerweise letzter Tag des Arbeitsverhältnisses (unabhängig vom Wochentag)

Kann der Ex-Mitarbeiter bestimmte Formulierungen einklagen?

Tatsächlich gab es in der Vergangenheit bereits viele Urteile, wonach bestimmte Arbeitszeugnis-Formulierungen abgeändert werden mussten, die einen Mitarbeiter in seinem beruflichen Fortkommen behinderten. So hatte etwa das Arbeitsgericht Berlin 2012 entschieden, dass es so wenige Zeugnisse mit der Gesamtnote „Befriedigend“ oder schlechter gäbe, dass ein „Befriedigend“ bereits negativ zu werten sei.

Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch klargestellt: Ein „Befriedigend“ ist durchaus in Ordnung und darf mit den entsprechenden Formulierungen im Zeugnis genutzt werden.

Welche Angaben dürfen nicht in den Zeugnisformulierungen auftauchen?

Einige Informationen dürfen nicht im Arbeitszeugnis stehen:

  • zu Erkrankungen
  • zu Elternzeit und Pflegezeit
  • zu nicht bestandenen Prüfungen
  • zur Zugehörigkeit zu Parteien oder Gewerkschaften

Muss der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis selbst schreiben?

Grundsätzlich sind Sie zwar verpflichtet, ein Arbeitszeugnis auszustellen. Häufig liefern aber die Mitarbeiter bereits einen Entwurf, den Sie nur noch unterschreiben müssen. Alternativ können Sie einen Dienstleister beauftragen, der die richtigen Arbeitszeugnis-Formulierungen für Sie schreibt.

Wie finde ich die richtigen Arbeitszeugnis-Formulierungen?

Inzwischen gibt es zahlreiche Möglichkeiten, sich die Erstellung eines Arbeitszeugnisses zu erleichtern. Nutzen Sie einen Arbeitszeugnis-Generator – entweder online oder als zu installierende Software –, bei dem Sie lediglich Ihre Bewertung der Leistungen in Schulnoten eingeben und passende Formulierungsvorschläge erhalten. Müssen Sie nur selten ein Arbeitszeugnis erstellen, können Sie auch ein Buch mit passenden Bausteinen für Formulierungen nutzen. Ein gutes Standardwerk ist:

„Arbeitszeugnisse in Textbausteinen: Inhalte, Formulierung, Analyse, Recht“
Arnulf Weuster, Brigitte Scheer, ISBN 3415064743

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Wann muss der Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis ausstellen?

Ein Zwischenzeugnis stellen Sie während des Arbeitsverhältnisses auf Wunsch der Mitarbeiterin aus. Diesem Wunsch müssen Sie allerdings nur dann nachkommen, wenn es dafür einen guten Grund gibt. Dies ist etwa der Fall, wenn der Vorgesetzte wechselt, ein Betriebsübergang ansteht oder das Arbeitsverhältnis bald beendet wird und die Mitarbeiterin sich bewerben möchte.

Das Zwischenzeugnis wird im Präsens formuliert. Auch hier danken Sie dem Mitarbeiter für die bisherigen Leistungen und wünschen viel Erfolg. Ihr Bedauern sprechen Sie jedoch nicht aus, weil das Arbeitsverhältnis weiterbesteht.

  1. Kaufen Sie sich das Arbeitszeugnis-Buch!
  2. Prüfen Sie die Zeugnisse von Bewerbern auf die Beurteilung der Leistungen und versteckte Botschaften.
  3. Kommen Sie Ihren Arbeitgeberpflichten nach und stellen Sie nach der Kündigung eines Arbeitnehmers ein wohlwollendes Arbeitszeugnis aus.
Bild Torsten Montag mit weißem Hemd, sitzend
Gründerlexikon-Redaktion Torsten Montag

Torsten Montag ist seit 2004 als Chefredakteur inhaltlich für das Gründerlexikon verantwortlich. Er ist regelmäßig Interviewpartner sowie Gastautor von Fachbeiträgen externer Medien zum Thema Gründung und Selbständigkeit. Bevor er gruenderlexikon.de gegründet hat, war er als Steuerfachangestellter und Betriebswirt ua. bei PwC und einer Steuerkanzlei in Thüringen tätig.