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Der Fachkräftemangel ist schon seit Jahren ein Thema – und wird mittlerweile vor allem in den Engpassberufen wie dem Handwerk oder der Pflege zu einem echten Problem. 2018 vermeldeten die deutschen Unternehmer 1,275 Mio. offene Stellen, davon 1,007 Mio. Stellen in Engpassberufen, so kofa.de. Stark betroffen sind die südlichen Bundesländer, doch auch im Osten gibt es mittlerweile einen erheblichen Negativtrend. Besonders schwer tun sich bei der Stellenbesetzung oft kleine Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern. Für Sie als Existenzgründer sollte dies Grund genug sein, bei der Personalsuche umzudenken: Im Rahmen der Fachkräftesicherung können Sie auch andere Zielgruppen ansprechen, um mehr Bewerber zu erreichen. Auch wer auf den ersten Blick nicht zu Ihren Traumkandidaten gehört, kann sich später als Glücksgriff herausstellen.
Die Erwerbsbeteiligung bei der Zielgruppe der Frauen ist in Deutschland recht konstant auf hohem Niveau bei rund 74 Prozent. Aber: Sehr viele Frauen arbeiten in Teilzeit. Sieht man sich die Vollzeitquote bei der weiblichen Bevölkerung an, ist viel Luft nach oben – hier bildet Deutschland eines der EU-weiten Schlusslichter. Dabei geht viel Potenzial verloren, denn viele Frauen sind hervorragend ausgebildet, können dies aber aufgrund ihrer familiären Situation nicht voll ausnutzen. Mit flexiblen Arbeitszeitmodellen und Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf können Sie diese Zielgruppe aktivieren.
Unternehmen sind ohnehin verpflichtet, bis zu einem gewissen Grad Menschen mit Behinderung einzustellen. Es lohnt sich für Sie jedoch, diese Zielgruppe abseits von der Pflicht in Betracht zu ziehen. In sehr vielen Fällen ist die körperliche Einschränkung deutlich geringer als angenommen, sondern den Arbeitgebern steht mehr die Angst vor den komplizierten Kündigungsmöglichkeiten und Sonderrechten entgegen.
Tatsächlich sind Menschen mit Behinderung oft sehr gut qualifiziert und könnten Ihr Unternehmen fachlich stark bereichern. Zwar müssen Sie vielleicht gewisse Weichen stellen und beispielsweise einen behindertengerechten Arbeitsplatz einrichten oder vielleicht alternative Arbeitszeitmodelle zulassen. Aber in vielen Fällen lässt sich dies mit überschaubarem Aufwand bewerkstelligen.
Nicht nur im EU-Ausland, auch in Drittländern gibt es Millionen gut ausgebildete Fachkräfte, die Deutschlands Engpassbranchen unterstützen könnten, sei es in Pflege oder IT. Deshalb werden von Seiten des Bundes und der Länder mittlerweile zahlreiche Programme aufgelegt, um diesen internationalen Fachkräften den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Hierzu gehören beispielsweise:
Ein großes Potenzial bilden außerdem die nach Deutschland Geflüchteten: Häufig verfügen sie über eine gute Ausbildung und ihnen stehen vor allem Themen wie Spracherwerb und Arbeitserlaubnis im Weg – hier können auch die Arbeitgeber unterstützend tätig werden. Aber auch ungelernte Kräfte bieten Chancen. Gerne lassen sie sich in Engpassberufen ausbilden und sind bereit, hart zu arbeiten.
Stellen Sie einen Langzeitarbeitslosen ein, können Sie bei der Bundesagentur für Arbeit attraktive Zuschüsse für die Einstellung des neuen Mitarbeiters beantragen:
Arbeitslosigkeit (>2 Jahre) | Langjähriger Bezug von ALG II |
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Bei der Einstellung eines Langzeitarbeitslosen gibt es natürlich gewisse Bedenken. Wird er die Rückkehr in den Beruf schaffen? Wird er die gewünschte Arbeitsleistung erbringen können? Doch angesichts der hohen Lohnkostenzuschüsse hält sich das Risiko stark in Grenzen – Sie können eigentlich nur gewinnen.
Ältere Menschen verfügen über ein enormes Fachwissen und langjährige Berufserfahrung. Im Alter kann es naturgemäß zu leichten Einschränkungen bei der Leistungsfähigkeit kommen. Wenn Sie diesen aber zum Beispiel mit flexiblen Arbeitszeitmodellen entgegenkommen, das betriebliche Gesundheitsmanagement aktiv durchführen und auf eine adäquate Weiterbildung achten, können Sie diese Zielgruppe noch lange für Ihr Unternehmen nutzen. Immer mehr Männer arbeiten über das Rentenalter hinaus und auch Frauen sind bereit, länger in ihrem Beruf zu verbleiben, wenn sie eine echte Aufgabe bekommen.
Tipp: Nutzen Sie ältere Menschen, um Ihren jungen Nachwuchs zu qualifizieren. Sie können bei der Arbeit ihr Wissen weitergeben, sodass die gesamte Belegschaft profitiert.
Jedes Unternehmen, das Fachkräfte beschäftigt und dazu in der Lage ist, sollte Ausbildungsplätze in den einschlägigen Berufen anbieten. Damit leisten Sie nicht nur einen wertvollen Beitrag zur Gesellschaft, sondern ziehen sich ganz nebenbei Ihren unternehmenseigenen Nachwuchs heran. Mit einer angemessenen Bezahlung und einem guten Betriebsklima ist die Chance groß, dass Ihnen die neuen Fachkräfte auch nach der Ausbildung erhalten bleiben. Da sie den Betrieb bereits kennen und nach Ihren Wünschen mitgeprägt wurden, können Sie sie bestmöglich einsetzen.
Arbeitnehmer, die lange Jahre in einem anderen Beruf gearbeitet haben und nun zu ihren Wurzeln zurückkehren wollen, sind bei vielen Arbeitgebern nicht gern gesehen – zu eingerostet und mitunter auch veraltet sind ihrer Meinung nach die damaligen Kenntnisse. Doch gerade aus solchen Kandidaten können Sie richtig viel herausholen, wenn Sie ein wenig (Einarbeitungs-)Zeit und Weiterbildung investieren.
Natürlich gibt es Unternehmen, darunter am ehesten große Konzerne, die sich aus allen Bewerbern die Crème de la Crème aussuchen können. Gerade kleine und mittlere Unternehmen schwelgen nicht in solchem Luxus. Doch auch Bewerber, die auf den ersten Blick nicht wie ein Glücksgriff wirken, können sich als solcher herausstellen.
Sehen Sie dabei nicht nur den erhöhten Aufwand, den die Einarbeitung eines Ungelernten oder die Anpassung des Arbeitsplatzes für einen Behinderten bedeutet. Bedenken Sie stattdessen, wie dankbar der Arbeitnehmer sein wird, weil er eine Chance erhalten hat. Er wird sich besonders anstrengen, eine gute Leistung erbringen und Ihnen wahrscheinlich auch lange erhalten bleiben – eben weil er erst auf den zweiten Blick zu den "Rosinen" gehört.
Torsten Montag ist seit 2004 als Chefredakteur inhaltlich für das Gründerlexikon verantwortlich. Er ist regelmäßig Interviewpartner sowie Gastautor von Fachbeiträgen externer Medien zum Thema Gründung und Selbständigkeit. Bevor er gruenderlexikon.de gegründet hat, war er als Steuerfachangestellter und Betriebswirt ua. bei PwC und einer Steuerkanzlei in Thüringen tätig.