Nehmen Sie die Personalauswahl vor!

Wenn Sie einen neuen Mitarbeiter einstellen, wäre die "eierlegende Wollmilchsau" die beste Lösung, jemand der fachlich spitze ist und menschlich gut ins Team passt. Dieser Idealfall ist nur schwer zu finden, aber es ist nicht unmöglich. Auf eine durchdachte und strukturierte Personalauswahl kommt es an, bei der neben formalen und fachlichen Kriterien auch der Mensch nicht zu kurz kommt. Hier erfahren Sie, wie Sie bei der Personalauswahl idealerweise vorgehen.

Warum eine gute Personalauswahl so wichtig ist

Je mehr Sie sich auf die Personalauswahl konzentrieren, desto besser wird der neue Mitarbeiter ins Team passen und Ihr Unternehmen fachlich bereichern. Die Folgen einer mangelhaften Personalauswahl können enorm sein:

  • Der neue Mitarbeiter passt nicht ins Team und bringt Unruhe in den Betrieb.
  • Die Leistung des neuen Mitarbeiters reicht nicht aus oder er kündigt nach kürzester Zeit wieder.
  • Es entsteht ein Personalengpass, die anstehenden Aufträge können nicht abgearbeitet werden.
  • Der Rekrutierungsprozess verschlingt unnötig Kapital, denn Sie stehen hinterher ohne Ergebnis da.
  • Sie verlieren durch die Rekrutierung und die "verschenkte" Einarbeitungszeit zusätzlich zeitliche Ressourcen.

1. Schritt der Personalauswahl: Vorselektion der Bewerbungen

Glückwunsch, Sie haben die ersten Bewerbungen erhalten. Nun beginnen Sie damit, diese zu sichten und vorzuselektieren. Dafür legen Sie sich am besten ein Schema zurecht, das Sie sukzessive abarbeiten können. So machen Sie die Bewerbungen vergleichbar und ermitteln zugleich, welche Kandidaten in die engere Auswahl kommen. Wichtige Kriterien sind hierbei:

Vollständigkeit der Unterlagen

Sind alle Unterlagen vorhanden? Zum Beispiel:

 

  • Anschreiben

  • Lebenslauf

  • Foto

  • Schul- und Arbeitszeugnisse

  • Weiterbildungszeugnisse/-zertifikate

  • ggf. weitere in der Ausschreibung geforderte Unterlagen (z.B. Motivationsschreiben)

Eindruck

Macht der Bewerber mit seinen Unterlagen einen guten ersten Eindruck? Schafft er es, seine Motivation für die Bewerbung deutlich zu machen? Ist das Anschreiben stilistisch und orthografisch in Ordnung?

Lebenslauf

Sind im Lebenslauf alle Informationen nachvollziehbar abgebildet? Gibt es Lücken und wenn ja, sind diese plausibel erklärt (z. B. Auslandsjahr, Pflegezeit)?

Fachliche Eignung

Überprüfen Sie die fachliche Eignung anhand des vorab erstellten Anforderungsprofils. Wichtig sind hierbei einerseits Schul- und Berufsabschlüsse, aber auch Weiterbildungen sowie einschlägige Berufserfahrung, die für die zu besetzende Stelle hilfreich sein könnten. Falls der Bewerber zusätzliche Erfahrungen oder Spezialkenntnisse hat, die zwar nicht gefordert waren, aber für Ihr Unternehmen hilfreich sein könnten, vermerken Sie dies gesondert. Es macht Sinn, für die Prüfung der fachlichen Eignung den verantwortlichen Abteilungsleiter hinzuziehen. Dieser kann am besten beurteilen, welche Qualifikation ausreichend ist.

 

Tipp: Definieren Sie Muss- und Kann-Kriterien. Die Muss-Kriterien müssen vom Bewerber zwingend erfüllt werden, während Kann-Kriterien kein KO-Kriterium darstellen.

Am einfachsten fällt Ihnen die Auswahl, wenn Sie mit einem Punktesystem oder dem Schulnotensystem (1 bis 6) arbeiten. Geben Sie den Bewerbern Punkte oder Noten für die verschiedenen Bereiche und gewichten Sie sie entsprechend ihrer Wichtigkeit. So können Sie die Bewerber in eine Rangfolge bringen. Schließlich teilen Sie sie in A-, B- und C-Kandidaten ein:

  • A-Kandidaten: A-Kandidaten sind meist dünn gesät, denn sie erfüllen Ihre Anforderungen voll und ganz. Sie erhalten eine Einladung zum Vorstellungsgespräch.
  • B-Kandidaten: Sie erfüllen das Anforderungsprofil weitgehend, weisen aber ein paar kleinere Schwächen auf (z. B. zu wenig Berufserfahrung, aber die richtige Ausbildung). Falls A-Kandidaten absagen oder doch nicht geeignet erscheinen, rutschen die B-Kandidaten nach.
  • C-Kandidaten: Sie erfüllen das Anforderungsprofil nicht ausreichend und kommen für eine Anstellung nicht in Frage. Hier können Sie direkt eine Absage verschicken.

Tipp: Wenn Sie schnell wachsen und viel Personal einstellen, kann es sich lohnen, in eine Bewerbermanagement-Software zu investieren, die diese zeitraubende Vorselektion automatisiert per Matching erledigen kann.

2. Schritt der Personalauswahl: Interne Abstimmung

Stimmen Sie sich mit der betreffenden Fachabteilung darüber ab, welche Bewerber zum Interview eingeladen werden sollen. Wie viele Kandidaten eingeladen werden sollen, hängt einerseits von der Anzahl der qualifizierten Bewerbungen ab, andererseits aber auch von Ihrem Zeitfenster – planen Sie für ein gutes Jobinterview mindestens eine Stunde ein, plus Vor- und Nachbereitung eher anderthalb bis zwei Stunden.

3. Schritt der Personalauswahl: Die Vorstellungsgespräche

Schließlich absolvieren Sie die Vorstellungsgespräche, idealerweise zu zweit, um einen unabhängigen Eindruck zu erhalten. Planen Sie zwischen den Terminen eine kurze Pause ein, denn es ist schwierig, den ganzen Tag lang ohne Pause aufmerksam zuzuhören. Doch jeder Bewerber verdient es, dass all seine Argumente gehört werden.

Achten Sie im Jobinterview auf diese Tipps:

  • Steigen Sie mit leichtem Smalltalk ein, um die Atmosphäre zu lockern.
  • Stellen Sie die am Interview beteiligten Personen vor.
  • Erzählen Sie vom Unternehmen und der zu besetzenden Stelle. Geben Sie dem Kandidaten Gelegenheit, Fragen zu stellen, und sich selbst vorzustellen.
  • Machen Sie sich im Vorfeld Gedanken zu Fragen, die Sie dem Bewerber stellen möchten, zum Beispiel zu Lücken im Lebenslauf, Berufs- oder Jobwechseln, Zukunftsplänen oder zur Weiterbildungsbereitschaft. Versuchen Sie, mehr über die Persönlichkeit und Charaktereigenschaften des Kandidaten zu erfahren.
  • Achten Sie darauf, dass der Redeanteil des Bewerbers höher ist als Ihr eigener, denn Sie möchten etwas über ihn erfahren.
  • Erklären Sie dem Bewerber, wie der weitere Ablauf des Bewerbungsverfahrens aussehen wird und wann er Bescheid bekommt.

Wenn Sie den Bewerber verabschiedet haben, halten Sie gemeinsam Ihre wichtigsten Eindrücke fest. Haben Sie erst einmal drei oder vier Kandidaten gesehen, wird es Ihnen schwerfallen, sich an alle Details zu erinnern.

Erlaubte und verbotene Fragen im Vorstellungsgespräch

Das Vorstellungsgespräch ist spätestens seit Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, kurz AGG, deutlich schwieriger geworden. Seither haben Arbeitnehmer haftungsrechtliche Ansprüche bei Fragestellungen, die gegen das AGG verstoßen und somit eine Diskriminierung bewirken können. Das Ziel, das Arbeitgeber und Bewerber verfolgen, könnte unterschiedlicher nicht sein. Der Arbeitgeber scheut sich vor der Einstellung einer Person, die er nicht genau einschätzen kann. Deshalb versucht er so viel wie möglich über sie herauszufinden. Der Arbeitnehmer dagegen will natürlich keine negativen Ereignisse in seinem Leben aufdecken.

  • Diese Fragen sind immer verboten: Die Frage nach der Schwangerschaft ist ausnahmslos unzulässig, ebenso wie die Frage nach Wehr- oder Ersatzdienst. Diese stellen jeweils eine Diskriminierung nach dem Geschlecht dar. Generell verboten sind Fragen nach der Zugehörigkeit einer Gewerkschaft oder einer politischen Partei, nach der Rasse oder der ethnischen Herkunft.
  • Diese Fragen sind manchmal erlaubt: Eine Frage nach der sexuellen Identität ist nur bei Kirchen und Religionsgemeinschaften zulässig, in allen anderen Bereichen ist sie verboten. Gleiches gilt für die Frage nach Religionszugehörigkeit und Glauben. Nach bestehenden Krankheiten, insbesondere ansteckenden Krankheiten oder gar AIDS, darf nur in Gesundheitsberufen gefragt werden, sofern sich die Krankheit auf die Arbeit auswirken kann. Die Frage nach einer einstigen Stasi-Tätigkeit ist nur dann erlaubt, wenn eine Einstellung im öffentlichen Dienst, in einer höheren Hierarchieebene geplant ist. Fragen nach den Vermögensverhältnissen sind bei Bankangestellten erlaubt, Fragen nach Vorstrafen nur, wenn diese auf den Beruf Auswirkungen hätten. Die Frage nach einer Schwerbehinderung kann erlaubt sein, wenn dies bereits in der Stellenausschreibung angekündigt wurde, etwa mit der Information, dass behinderte Bewerber eingestellt werden sollen, um die entsprechende Quote im Betrieb zu erhöhen.

Von sich aus muss der Arbeitnehmer dagegen auf Hemmnisse der Arbeitsleistung hinweisen. Hierzu zählen ansteckende Krankheiten in Gesundheitsberufen oder die Verhinderung des Arbeitsantritts aufgrund einer bereits bewilligten Kur. Werden diese Angaben nicht gemacht, hat der Arbeitgeber das Recht, den Vertrag anzufechten.

4. Schritt der Personalauswahl: Die Entscheidung

Wenn alle Vorstellungsgespräche absolviert wurden – ggf. gibt es auch noch eine zweite Runde für die Klärung von Detailfragen zu Arbeitszeiten oder dem Entgelt – steht die finale Entscheidung an. Zum einen verlassen Sie sich dabei natürlich auf die Fakten und die Erkenntnisse aus den Vorstellungsgesprächen. Zum anderen sollte bei der Entscheidung aber auch Ihr persönliches Bauchgefühl eine Rolle spielen. Wenn Sie bei einem Kandidaten trotz hervorragender Zeugnisse oder bester Referenzen ein komisches Gefühl haben, sollten Sie ihn nicht einstellen. Andererseits könnte aber auch ein sehr sympathischer Bewerber, der fachlich kleine Schwächen hat, die richtige Wahl sein, wenn er gut ins Team passt – mit einer gezielten Weiterbildung lassen sich die fehlenden Kenntnisse ausgleichen.

Tipp: Wenn Sie sich entschieden haben, sagen Sie den anderen Bewerbern nicht gleich endgültig ab. Manchmal entscheiden sich Kandidaten nach der Zusage nochmal kurzfristig um oder haben zwischenzeitlich bereits bei einem anderen Unternehmen einen Arbeitsvertrag unterschrieben – dann können Sie immer noch auf die anderen Bewerber ausweichen.

Was Ihnen bei der Personalauswahl helfen kann: Methoden und Instrumente

Das wichtigste Instrument der Personalauswahl, das Vorstellungsgespräch kennen Sie bereits. Darüber hinaus gibt es aber zahlreiche weitere Methoden, wie Sie mehr über den Bewerber in Erfahrung bringen können:

  • Vorstellungsrunde mit den zukünftigen Kollegen: Diese können dem Bewerber Fragen stellen, sich mit ihm unterhalten und den zukünftigen Arbeitsplatz zeigen. So erfahren Sie direkt, ob es im zwischenmenschlichen Bereich passt und ob sich der Kandidat ins Team einfügen könnte.
  • Probearbeitstag: Lassen Sie den Kandidaten für einen halben oder ganzen Tag zur Probe arbeiten. So erhält er die einmalige Chance, den Arbeitsplatz kennenzulernen und falsche Erwartungen zu beseitigen, und Sie erhalten erste Einblicke in seine Arbeitsweise und Auffassungsgabe.
  • Arbeitsproben: Bei einigen Berufen (z. B. bei kreativen oder handwerklichen Arbeiten) können Sie sich Arbeitsproben zeigen lassen, die den Stil oder die Qualität der Arbeit widerspiegeln können.
  • Referenzen: Insbesondere bei Experten oder im Management ist es üblich, sich auch Referenzen vorlegen zu lassen bzw. telefonisch einzuholen. Lassen Sie sich vom Bewerber das Einverständnis dafür geben und telefonieren Sie einfach mal mit dem vorherigen Chef – das kann für Sie sehr aufschlussreich sein.

Ein weiterer Bereich sind verschiedene Testverfahren und Assessment Center, bei denen den Kandidaten zahlreiche Einzelaufgaben gestellt werden. Damit soll einerseits die Fachkompetenz auf den Prüfstand gestellt werden, andererseits werden dadurch aber die sogenannten Soft Skills, die persönlichen Charaktereigenschaften deutlich. Aufgrund des großen Aufwands – Assessment Center dauern oft mehrere Tage – werden sie überwiegend in größeren Unternehmen und vor allem bei Managern oder Spezialisten eingesetzt.

Bild Torsten Montag mit weißem Hemd, sitzend
Gründerlexikon-Redaktion Torsten Montag

Torsten Montag ist seit 2004 als Chefredakteur inhaltlich für das Gründerlexikon verantwortlich. Er ist regelmäßig Interviewpartner sowie Gastautor von Fachbeiträgen externer Medien zum Thema Gründung und Selbständigkeit. Bevor er gruenderlexikon.de gegründet hat, war er als Steuerfachangestellter und Betriebswirt ua. bei PwC und einer Steuerkanzlei in Thüringen tätig.