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Existenzgründung mit Schulden: Die Erfahrung aus der Praxis zeigt, dass dies häufiger vorkommt, als so mancher denken mag. Der eine oder andere fragt sich nun, ob eine Existenzgründung trotz Schulden möglich ist. Die simple Antwort lautet: Ja, grundsätzlich ist das möglich. Das heißt jedoch nicht, dass es einfach oder in jedem Fall möglich ist. Wie so oft, spielen auch hier die Umstände eine entscheidende Rolle. In diesem Artikel werden wir daher die häufigsten Konstellationen und Fragen zum Thema “Existenzgründung mit Schulden: Kann ich trotzdem ein Gewerbe anmelden?” behandeln.
Die Frage, ob man mit Gewerbeanmeldung trotz ALG 2 ein Gewerbe eröffnen kann, wurde uns zudem im Forum gestellt. Auf Nachfrage beim Gewerbeamt stellte sich heraus, dass Schulden beim Finanzamt ein Hinderungsgrund für ein neues Gewerbe sein können aber nicht müssen.
In diesem Artikel besprechen wir, ob eine Existenzgründung trotz Schulden möglich ist. Das ist in vielen Fällen durchaus möglich, zumindest in der Theorie. Denn in der Praxis ist es so, dass Sie häufig Startkapital benötigen, welches Sie sich finanzieren müssen. Und dann können Schulden ein nahezu unüberwindbares Hindernis sein. Nicht im Sinne der rechtlichen Gründung, sondern dass Sie von Banken aufgrund der bereits vorhandenen Schulden keine neuen Kredite mehr bekommen. Auch bei Anmietung eines Gewerbeobjektes wird Ihre Bonität geprüft. Das Gleiche gilt, wenn Sie Waren einkaufen und nicht sofort bar bezahlen. Das ist dann meist das größte Problem, warum eine Existenzgründung mit Schulden zwar theoretisch, aber praktisch nicht möglich ist.
Und noch ein Hinweis: Sollte sich Ihre Situation als sehr komplex erweisen, beispielsweise mehrere negative Schufa-Einträge, viele Gläubiger, bereits vorbestraft, eidesstattliche Versicherung usw. dann sollten Sie unbedingt die Hilfe eines Schuldnerberaters bzw. die Ihres Insolvenzverwalters nutzen. In solchen komplexen Angelegenheiten können oft nur Experten helfen, die sich sowohl intensiv mit der Materie als auch mit Ihrem individuellen Fall auskennen.
Die vielleicht einfachste Konstellation, wenn wir das mal so sagen wollen, ist, wenn Sie einige private Schulden haben, zum Beispiel eine Fahrzeugfinanzierung, und sich nun selbstständig machen wollen. Negative Schufa-Einträge, Schulden beim Finanzamt usw. sind jedoch nicht vorhanden. In diesem Fall sollte es keine Probleme mit der Selbstständigkeit geben. Wie eingangs erwähnt, könnte es lediglich eine Herausforderung sein, wenn Sie das Gründungskapital finanzieren müssen. Benötigen Sie dagegen keine neuen Kredite bzw. nur sehr wenig Kapital benötigen oder haben die Finanzierung bereits sicher, dann steht Ihrer Existenzgründung mit Schulden nichts mehr im Wege.
Ja, Sie können eine GmbH gründen bzw. sich daran beteiligen, auch wenn Sie private Schulden haben. Sie können sich sogar mit einer negativen Schufa als Gesellschafter an einer GmbH beteiligen. Aus rechtlicher Sicht steht dem nichts im Weg. An dieser Stelle jedoch wieder der Hinweis, dass es auf Ihre individuelle Situation ankommt. Denn Ihr Anteil an der GmbH kann durch Gläubiger gepfändet werden. Sollte das bei Ihnen akut sein, dann empfiehlt sich eventuell eine stille Beteiligung.
Ja, eine negative Schufa ist kein Hinderungsgrund für einen Mikrokredit für Selbstständige. Der “Gründung aus der Arbeitslosgkeit heraus anstreben - auch mit Schulden - gibt es spezielle Fördermaßnahmen. In diesem Fall sollten Sie sich direkt beim Arbeitsamt informieren und beraten lassen.
Das ist bedingt möglich. In den meisten Fällen gibt es keinen Grund, warum Sie kein Gewerbe anmelden können. Die eidesstattliche Versicherung, mittlerweile als Vermögensauskunft bezeichnet, wird Sie allerdings daran hindern, ein Darlehen aufzunehmen. Keine Bank wird Ihr Vorhaben mit einer negativen Schufa finanzieren, die eben aus der eidesstattlichen Versicherung heraus resultiert. Denkbar wäre in dem Fall höchstens noch der bereits angesprochene Mikrokredit.
Das Anmelden oder Ausüben einer Selbstständigkeit trotz Privatinsolvenz ist grundsätzlich möglich. Manchmal ist das sogar die beste Möglichkeit, um aus seinen Schulden herauszukommen. Teilweise haben Personen, die eine Privatinsolvenz durchlaufen, Probleme, einen neuen Job zu finden (sofern sie gerade arbeitslos sind). Durch die Aufnahme einer Selbstständigkeit während der Privatinsolvenz kann die Einkommenssituation verbessert werden und die Chancen auf eine Rückzahlung der Schulden steigt bzw. das Abrutschen in den “Hartz IV Kreislauf” wird verhindert. Allerdings benötigen Betroffene die Einwilligung des Insolvenzverwalters. Und damit einher geht de facto auch die Verpflichtung, keine neuen Schulden aufzunehmen. Der Insolvenzverwalter wird seine Zustimmung außerdem nur dann geben, wenn er davon ausgeht, dass Sie dadurch Ihre finanzielle Situation verbessern und auch die persönlichen Voraussetzungen für eine selbstständige Tätigkeit mitsichbringen.
Zu beachten ist, dass das aber nicht bedeutet, dass Ihr Einkommen dann nicht mehr gepfändet wird! Allerdings wird der pfändbare Betrag dann individuell berechnet.
Das kommt ganz darauf an. In vielen Fällen wird aufgrund einer Mitteilung von Seiten des Finanzamts eine Gewerbe-Untersagung veranlasst. Das heißt, dass Sie dann kein Gewerbe mehr anmelden können, solange Sie Schulden beim Finanzamt haben. Insbesondere trifft dies bei den folgenden Gewerbearten zu.
Das neu zu eröffnende Gewerbe darf nicht zu den Erlaubnispflichtigen oder Überwachungsbedürftigen Gewerben zählen.
Erlaubnisbedürftige Gewerbe können nur nach Erteilung der behördlichen Genehmigung ( Konzession) begonnen werden. Dazu zählen u.a. das Pfandleihgewerbe, das Bewachungsgewerbe oder die Tätigkeit der Makler, Bauträger und Baubetreuer.
Überwachungsbedürftige Gewerbe sind nicht genehmigungsbedürftig. Allerdings überprüft die Behörde die persönliche Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die dieser mittels eines Führungszeugnisses nachweisen muss. Zu den überwachungsbedürftigen Gewerben zählen bspw. der Handel mit Edelmetallen, der Handel mit Perlen oder auch der Betrieb von Reisebüros.
Allerdings wird eine Gewerbe-Untersagung nicht in jedem Fall erlassen.
Wenn Sie vorhaben, sich selbstständig zu machen trotz Schulden, so sollten Sie doch einige Punkte beachten. Aus rechtlicher Sicht ist es in vielen Fällen möglich, außer wenn Sie hohe Schulden beim Finanzamt haben. Dann könnte eine Gewerbe-Untersagung vorliegen und die Gewerbeanmeldung wird Ihnen damit verweigert, dass Sie die persönlichen Voraussetzungen nicht erfüllen. Schulden beim Finanzamt können demnach ein Hinderungsgrund für eine Gewerbeanmeldung sein. Will der Schuldner jedoch nur ein ganz normales Gewerbe, wie bspw. einen Ebay-Shop eröffnen, stehen ihm seine Schulden beim Finanzamt dabei nicht im Weg. Auch bei einem eröffneten Insolvenzverfahren muss zunächst der Insolvenzverwalter zustimmen. Ansonsten können Sie fast immer ein Gewerbe trotz Schulden anmelden.
Sie sollten jedoch beachten, dass Sie häufig auf eine Anfangsfinanzierung angewiesen sind. Mit bereits vorhandenen Schulden und möglicherweise einem negativen Schufa-Eintrag werden Sie keinen Kredit von einer Bank erhalten. Handelt es sich jedoch bei Ihrer Geschäftsidee um kein Kapitalintensives Unternehmen, dann könnte eine Existenzgründung mit Schulden infrage kommen. Bedenken Sie jedoch auch, dass Sie weiterhin in der Lage sein müssen, sowohl Ihren Lebensunterhalt, als auch den bisherigen Schuldendienst zu bezahlen. Ansonsten wird die Situation immer verfahrener. Je komplexer Ihre Situation ist, umso dringender empfehlen wir Ihnen, dass Sie sich professionelle Hilfe suchen.
Sofern Sie es schaffen, sich trotz Schulden selbstständig zu machen und dann später sogar dadurch Ihre Schulden abzuzahlen, dann können Sie wirklich stolz auf sich sein!
Torsten Montag ist seit 2004 als Chefredakteur inhaltlich für das Gründerlexikon verantwortlich. Er ist regelmäßig Interviewpartner sowie Gastautor von Fachbeiträgen externer Medien zum Thema Gründung und Selbständigkeit. Bevor er gruenderlexikon.de gegründet hat, war er als Steuerfachangestellter und Betriebswirt ua. bei PwC und einer Steuerkanzlei in Thüringen tätig.