Multi-Level-Marketing: MLM erfolgversprechende Alternative für Gründer?

Unternehmen, die Multi-Level-Marketing (kurz: MLM) als Vertriebskonzept praktizieren, locken oft mit dem Versprechen, dass jeder, der mitmacht, in kürzester Zeit reich werden kann. Viel Geld mit wenig Arbeit verdienen klingt für viele traumhaft. Doch sollten Sie, wie bei jeder anderen Gründungsform auch, vorher einige Punkte prüfen, sodass es nicht zum Albtraum wird.

Was ist Multi-Level-Marketing oder MLM?

Multi-Level-Marketing (MLM) ist eine spezielle Form des Direktvertriebs (Siehe dazu Vertrieb und Absatz!) und wird auch als Network-Marketing (NM) oder Strukturvertrieb bezeichnet. Im "klassischen Direktvertrieb" geht es darum Produkte an Endkunden zu verkaufen. Beim MLM kommt zum Verkauf der Endprodukte noch das Anwerben und Motivieren von neuen Mitgliedern hinzu, um an deren Umsätzen mit zuverdienen.

Dieses Schema lässt sich beliebig nach unten erweitern. Deshalb spricht man auch oft vom Pyramidensystem. Die in der Grafik angegebenen prozentualen Beteiligungen variieren bei jedem MLM-Unternehmen und dienen hier nur der Veranschaulichung.

Das Prinzip läuft in allen Bereichen gleich ab:

Je nach Branche investieren Sie in ein Starterpaket mit den wichtigsten Produkten oder in eine Produktschulung (meist im Finanzbereich). Sie verkaufen das Produkt mit direkter Beratung, bevorzugt beim Kunden zuhause, und gleichzeitig machen Sie dem Kunden schmackhaft, doch ebenfalls die Produkte verkaufen zu können, denn dann bekäme er den Eigenbedarf deutlich billiger und könnte ganz nebenbei, bei freier Zeiteinteilung, Geld verdienen. Stimmt der Kunde zu, haben Sie einen Partner gewonnen und profitieren nicht nur von Ihren Verkäufen sondern auch vom Umsatz Ihres Partners. Klingt erstmal ganz einfach hat aber seine Tücken, auf die wir noch eingehen.

Woran erkennt man seriöse MLM-Unternehmen?

Bevor Sie völlig begeistert und euphorisch von den tollen Versprechungen einen Einstiegsvertrag unterschreiben, sollten Sie sich selbst Bedenkzeit gewähren und prüfen, ob es sich um ein seriöses MLM Unternehmen (Hier einige MLM Unternehmen in Deutschland) handelt. Dazu können Sie folgenden Fragenkatalog benutzen:

  • Erfolgt der Verkauf der Produkte an den Endverbraucher über ein stetig wachsendes Mitarbeiternetz?
  • Sind die Produkte wirklich qualitativ hochwertig?
  • Werden diese zu einem angemessenen Preis angeboten?
  • Investiert das Unternehmen in die Produktentwicklung?
  • Bewegen sich Erstinvestitionen in einem angemessenem Rahmen?
  • Haben Vorführprodukte einen angemessenen Preis?
  • Sind Schulungen kostenfrei / kostengünstig?
  • Wird für den Fall Ihres Ausscheidens eine Rückkaufgarantie für das Startset und unverkaufte Ware übernommen?
  • Informationsbroschüren über Produkte und Geschäftskonzepte werden kostenlos / kostengünstig angeboten?
  • Erfolgt der Warenverkauf direkt vom Unternehmer zum Mitarbeiter und ist keine Mitarbeiterebene zwischengeschaltet?
  • Erhalten Sie eine leistungsabhängige Vergütung für den eigenen Umsatz sowie für den Umsatz der von Ihnen angeworbenen neuen Mitarbeiter?
  • Erhalten Sie realistische Informationen über Verdienstmöglichkeiten und den erforderlichen Kosten- und Zeitaufwand?
  • Ist das Unternehmen Mitglied im Bundesverband Direktvertrieb?

Wenn Sie hier mehrmals mit Nein antworten, sollten Sie Ihre Euphorie drosseln und Abstand nehmen. Fallen die Antworten überwiegend positiv aus, lesen Sie den Vertrag sorgfältig und beantworten Sie noch mehr Fragen!

Worauf Sie vor Vertragsabschluss achten sollten?

Wenn die Prüfung des Unternehmens abgeschlossen ist, widmen Sie sich dem Konzept und betrachten es einmal mit Unternehmerblick:

  • Gibt es für das Produkt einen genügend großen Absatzmarkt? (Hier nachlesen: Mit der Marktanalyse eine Geschäftsidee prüfen.)
  • Ist der Preis für den Kunden attraktiv?
  • Ist der Marketingplan des Unternehmens einfach und verständlich?
  • Ist der Verdienst ausschließlich an den Umsatz gekoppelt?
  • Welche Investitionen müssen Sie tätigen und wie hoch ist das unternehmerische Risiko für Sie?

Wenn es bisher noch keine Stolpersteine zu entdecken gab, folgt nun noch der entscheidende Blick auf Ihre Person. Denn um im MLM wirklich erfolgreich zu sein, müssen Sie ein Verkäufer und Motivator sein. Sie müssen andere von den Produkten und dem Verdienstkonzept überzeugen und diese dann motivieren, ordentlich Umsatz zu machen. Seien Sie ehrlich zu sich selbst und prüfen Sie mit einem Berater Ihre Eignung zu dieser Tätigkeit.
Die meisten MLM-Unternehmen bieten neben entsprechenden Anreizsystemen (Auto, Kreuzfahrt, Rentenversicherung etc.) auch Motivationsveranstaltungen. Wer so etwas mitmacht, hat nur zwei Alternativen: entweder lässt man sich von der dort vorherrschenden Euphorie umgehend mitreißen oder empfindet das ganze als fehlgeschlagene Rosenmontagsfeier und geht dort nie wieder hin. Es sollte definitiv auch keine vertraglich festgelegte Pflichtveranstaltung sein. 

Und zu guter Letzt: Wie bei jedem anderen Vertrag gilt auch hier - das Kleingedruckte nicht vergessen! Achten Sie auf undurchsichtige Klauseln, versteckte Kosten und die AGB. Siehe auch AGB erstellen!

MLM - Alternative oder Abzocke?

Glaubt man den Versprechungen, ist mit MLM reich werden ein Kinderspiel. Und es gibt tatsächlich viele Menschen bei denen das geklappt hat. Nun definiert "reich" jeder für sich auf andere Weise, sagen wir also, viele haben Erfolg damit . Auch in meinem eigenen Bekanntenkreis habe ich positive Beispiele, sei es im Bereich Tupper aber auch im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetik. Eines haben diese Menschen alle gemeinsam. Sie sind von Natur aus sehr aufgeschlossen und haben ein sehr überzeugendes Wesen, ohne dabei aufdringlich und penetrant zu sein. Außerdem sind sie grundehrlich - wenn sie von Produkten aus ihrer Palette nicht ganz überzeugt sind, dann sagen sie es auch. Seriöse MLM Anbieter akzeptieren so etwas, bei anderen führt das schnell zum Ausschluss aus dem Unternehmen. Talent spielt bei der ganzen Sache eine große Rolle. Nichts kommt beim Kunden schlimmer an, als gestelzt klingende, auswendig gelernte Phrasen aus dem Seminar für Verkaufstaktik. Wer keine starke Persönlichkeit ist und mit mangelndem Selbstvertrauen ausgestattet ist, läuft schnell Gefahr, durch die Erwartungshaltung der höheren Hierarchien und das ständige öffentliche Vergleichen von Erfolgen und Misserfolgen unter immensen Druck zu geraten.

Ein weitere Punkt, der immer sehr kritisch beäugt wird, ist der Pyramideneffekt: Je höher man in der Hierarchie steigt, desto weniger muss man sich für seinen Verdienst anstrengen, da es durch die weitergereichten Provisionen zum sogenannten Selbstläufereffekt kommt. Man muss nicht mehr selbst verkaufen, sondern nur noch motivieren. Es gibt sogar gesetzliche Regelungen, die solche Geschäftspraktiken unterbinden sollen (in Deutschland: § 16 (2) UWG). Es handelt sich dabei jedoch um eine Grauzone. Ein vehementer Kritiker des MLM war Harry Zingel (gest. 2009), dessen Ausführungen das Gründerlexikon in der Serie "Multilevelmarketing" veröffentlicht hat.

In die Kritik geraten ist auch das System Tupper. Allein durch ihre Verkaufserfolge rutschen die Frauen zum Teil ungewollt in eine Führungsposition - ohne kaufmännische Kenntnisse oder Eigenkapital - und  tragen das unternehmerische Risiko. Das endet dann oft in der kompletten Verschuldung. Den Filmbeitrag dazu "Die Story im Ersten: System Tupperware" gibt es in der Mediathek der ARD. (Video nur bis 15.07.2014 verfügbar)

Kritik: Woran erkennt man unseriöse Vertriebssysteme?

Da dieser Teil sehr umfangreich wurde, haben wir dem Thema Kritik und Erfahrungen zum MLM einen eigenen Artikel gewidmet, genau den sollten Sie nun lesen!

Welche Firmen arbeiten in Deutschland mit Multi-Level-Marketing?

Lesen Sie dazu folgenden Artikel und nutzen Sie unsere Liste / Verzeichnis zu den Multi Level Marketing Firmen!

Welche Software kann man für Multi Level Marketing einsetzen?

Eine häufig gestellte Frage im Multi-Level-Marketing ist: Gibt es Software für MLM und ist diese wirklich notwendig? Dazu haben wir mit einem Softwarehersteller ein Interview geführt, was Sie sich unbedingt ansehen sollten! Anschließend zeige ich Ihnen in meiner Tabelle, was eine MLM Software können sollte.

Warum ist MLM Software nötig?

Steigen Sie in ein bestehendes MLM Unternehmen als selbständiger Teampartner ein, können Sie als "Mitbenutzer" in der Regel auf vorhandene Software zurückgreifen. Eine eigene Software ist in dem Fall nicht mehr vonnöten. Bauen Sie sich Ihr eigenes Multi-Level-Marketing-Unternehmen auf, sieht die Sache schon anders aus. Mit einer Software behalten Sie Vertriebspartner, Umsätze und Provisionen im Blick. Sehen Sie sich in beiden Fällen mein Experteninterview mit einem MLM Software Hersteller an!

MLM-Software - was muss sie können?

Wer im Multi-Level-Marketing arbeitet braucht vor allem einen Überblick über die Vetriebspartner und deren Umsätze, denn daraus ergeben sich die Provisionszahlungen. Je nach Größe und Umfang der Produktpalette ist eventuell auch ein Warenwirtschaftssystem von Vorteil. Zusatzfunktionen wie Auftragserfassung, Kundenverwaltung, Partnerverwaltung für Affiliateprogramme und Shopsystem gehören mittlerweile bei vielen

Es ist sicher nicht unmöglich mit MLM erfolgreich zu werden. Die Risiken, mit diesem Geschäftsmodell eine gesicherte Existenz aufzubauen, sind hoch. Ähnlich wie beim Franchising muss man sich an festgelegte Richtungen halten und der Kreativität bleibt wenig Spielraum. Die Einordnung in Erfolgsebenen, die der Hierarchie in einem Unternehmen entsprechen, vermittelt das Gefühl eben doch nur Vertriebsangestellter des  Unternehmens zu sein. Es ist wie eine "halbe Selbständigkeit". Sie tragen zwar das Risiko, doch eigenständig entscheiden dürfen Sie eigentlich nicht. Wenn aber genau dieses Konzept zu Ihren Vorstellungen und Ihren Lebensumständen passt und es sich um ein seriöses Unternehmen handelt, das keine horrenden Anfangsinvestitionen verlangt, kann es für Ihren Start in die Selbständigkeit eine Alternative sein.

Bild Torsten Montag mit weißem Hemd, sitzend
Gründerlexikon-Redaktion Torsten Montag

Torsten Montag ist seit 2004 als Chefredakteur inhaltlich für das Gründerlexikon verantwortlich. Er ist regelmäßig Interviewpartner sowie Gastautor von Fachbeiträgen externer Medien zum Thema Gründung und Selbständigkeit. Bevor er gruenderlexikon.de gegründet hat, war er als Steuerfachangestellter und Betriebswirt ua. bei PwC und einer Steuerkanzlei in Thüringen tätig.