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Das Widerrufsrecht bereitet vielen Unternehmern Kummer. Zu rechtlichen Bedenken – habe ich die Widerrufsbelehrung korrekt eingebunden? – kommen spezielle Fallkonstellationen dazu. Darf der Käufer die Ware einfach unfrei zurückschicken? Muss ich verschmutzte oder defekte Ware akzeptieren? Dieser Beitrag beantwortet alle wichtigen Fragen rund um das Widerrufsrecht und hilft Ihnen, die Belehrung rechtssicher umzusetzen.
Wenn der Kunde eine Ware nicht in einem lokalen Ladengeschäft kauft, hat er keine Möglichkeit, sie durch Testen, Ansehen und Anfassen auf seine Beschaffenheit zu prüfen. Deshalb steht ihm in vielen Fällen ein sogenanntes Widerrufsrecht zu. Macht er davon Gebrauch, gibt er an, an seine ursprüngliche Willenserklärung nicht mehr gebunden sein zu wollen.
Sobald er die Ware erhalten hat, kann er sie auf Funktion, Beschaffenheit und Eigenschaften prüfen. Ist das Ergebnis nicht zufriedenstellend, kann er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen und den Vertrag auflösen. In diesem Fall sind beide Vertragspartner nicht mehr an ihre Willenserklärung gebunden und müssen die ausgetauschten Leistungen zurückgeben – der Käufer also die Ware, der Verkäufer den gezahlten Kaufpreis (§ 355 Abs. 3 BGB).
Die Regelungen des BGB sehen ein Widerrufsrecht für viele Vertragsbeziehungen vor, etwa für Vermittlungsverträge, langfristige Urlaubsprodukte oder Verbraucherdarlehensverträge. Für Sie als Existenzgründer dürfte insbesondere das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen und Haustürgeschäften relevant sein.
Grundsätzlich richtet sich das Widerrufsrecht bei Kaufverträgen nur an Verbraucher, ist also lediglich für B2C-Vertragsbeziehungen relevant.
Wenn zwei Unternehmer ein Geschäft abschließen, dann greift der im Gesetz verankerte Verbraucherschutz nicht. Dies betrifft alle natürlichen und juristischen Personen, die laut §14 BGB als Unternehmer gelten.
Im Gesetzestext heißt es sinngemäß, dass dazu alle Personen zählen, die ein Geschäft als gewerblich oder selbstständig beruflich Tätiger abschließen – Gründer fallen ebenso in diese Kategorie, und zwar bereits in der Vorgründungsphase. In einem Urteil aus dem Jahr 2005 hat der Bundesgerichtshof dies klargestellt. Für diese Regelung ist es unerheblich, ob die geplante selbstständige Tätigkeit dann auch wirklich aufgenommen wird.
Ein Unternehmer oder Selbstständiger kann aber auch als Privatperson handeln. Wer also eindeutig in privater Absicht kauft oder bestellt, dem steht in seiner Eigenschaft als Verbraucher auch das gesetzliche Widerrufsrecht zu. Dies gilt für Haustürgeschäfte ebenso wie für die Bestellung über das Internet.
Grundsätzlich gilt das Widerrufsrecht stets in Situationen, in denen der Verbraucher benachteiligt werden könnte. Besonders deutlich wird dies bei folgenden speziellen Arten des Kaufvertrags:
Nicht als Haustürgeschäft gilt übrigens der Kauf an einem Messestand. Dies hat der BGH in seinem Urteil vom 10. April 2019, Az. VIII ZR 82/17, beschlossen, weil ein Messestand als Teil der „Geschäftsräume“ anzusehen ist.
Um das Widerrufsrecht korrekt anwenden zu können, sollten Sie als Händler die wichtigsten Grundlagen über deren Beginn, Dauer und Ende kennen:
Beginn der Widerrufsfrist | Nach § 355 Abs. 2 BGB Beginn mit Vertragsschluss (z. B. bei Downloadprodukten), bei der Bestellung von Waren jedoch frühestens mit dem tatsächlichen Erhalt der Ware; außerdem frühestens ab korrekt erfolgter Widerrufsbelehrung |
Dauer der Frist | 14 Tage |
Dauer der Widerrufsfrist bei fehlerhafter Belehrung | 12 Monate + 14 Tage (oder 14 Tage ab nachgeholter korrekter Widerrufsbelehrung) |
Wenn Sie eine Bestellung mit mehreren Waren in Teilsendungen ausliefern, beginnt die Widerrufsfrist erst dann zu laufen, wenn der Verbraucher die letzte Teillieferung erhalten hat. Bei regelmäßigen Lieferungen von Waren (z. B. bei Abonnements von Katzenfutter) an Ihren Vertragspartner beginnt die Frist ab dem Erhalt der ersten Lieferung.
Damit der Verbraucher von seinem gesetzlichen Widerrufsrecht Gebrauch machen kann, muss er zunächst einmal wissen, dass es dieses gibt und wie es funktioniert. Deshalb sind Sie bei Fernabsatzverträgen und Haustürgeschäften verpflichtet, Ihren Vertragspartner darüber zu belehren – die Widerrufsbelehrung. Dazu sollten Sie folgende Grundregeln kennen:
Halten Sie die Vorschriften zur korrekten Einbindung der Widerrufsbelehrung nicht ein, hat dies – je nach Konstellation – mehrere Folgen:
Neben diesen rechtlichen Konsequenzen, die nur Ihr Vertragsverhältnis zum Kunden betreffen, gibt es noch eine größere Gefahr: Belehren Sie Verbraucher nicht über Ihr Widerrufsrecht, ist dies ein Fall von unlauterem Wettbewerb. Dagegen kann Ihre Konkurrenz ebenso wie Verbände des Verbraucherschutzes mit teuren Abmahnungen vorgehen!
Möchte der Kunde den Kaufvertrag widerrufen, ist folgender Ablauf vom Gesetzgeber vorgesehen:
Sie haben ein Zurückbehaltungsrecht: Solange Sie weder die Ware noch einen Nachweis über den fristgerechten Versand erhalten haben, dürfen Sie die Rückzahlung zurückbehalten (§ 357 Abs. 3 BGB).
§ 312g Abs. 2 BGB definiert zahlreiche Ausnahmen, für die Sie das Widerrufsrecht ausschließen können. Dazu gehören etwa:
Das Widerrufsrecht wird allerdings häufig zugunsten des Verbrauchers ausgelegt. Im Fall eines Matratzenkaufs im Internet entschied der EuGH, dass dem Verbraucher trotz der Verletzung des Hygienesiegels ein Widerrufsrecht zustand (Urteil vom 27. März 2019, Az. C-681/17).
Es gibt auch Fälle, in denen das Widerrufsrecht bereits vor Ablauf der 14 Tage endet. Dies gilt etwa für versiegelte Waren durch Beschädigung des Siegels oder bei digitalen Inhalten sofort im Zeitpunkt des Kaufs.
Nein, dies ist nicht ausreichend. Der Verbraucher muss den Widerruf des Vertrags ausdrücklich mitteilen (§ 355 Abs. 1 BGB).
Für dessen Wirksamkeit ist es nicht erforderlich, dass der Kunde für den Widerruf Gründe angibt (§ 355 Abs. 1 BGB). Dies hat der BGH mit Urteil vom 12. Juli 2016 (Az. XI ZR 501/15) entschieden.
Mit einem Widerruf erklärt der Kunde, dass er nicht mehr an seine ursprüngliche Willenserklärung gebunden sein will. Ein Teilwiderruf ist somit vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. In der Regel akzeptieren ihn jedoch viele Unternehmer, um die Zahl der Retouren zu senken.
Im Fall eines Teilwiderrufs müssen Sie die Versandkosten für den Versand der Ware zum Kunden in der Regel nicht erstatten oder, wenn überhaupt, nur anteilig nach Gewicht oder Stückzahl.
Grundsätzlich gibt es seit der letzten Reformierung des Widerrufsrechts keine Verpflichtung mehr, unfreie Rücksendungen anzunehmen. Durch einen Umstand müssen Sie sie aber durch die Hintertür doch annehmen: In dem Päckchen könnte sich nämlich die ausdrückliche Widerrufserklärung des Verbrauchers befinden. Nehmen Sie es nicht an, würden Sie deren Zugang vereiteln.
Tatsächlich ist Ihr Kunde nicht verpflichtet, bei einem Widerruf des Vertrags die Originalverpackung mitzuschicken, um von seinem Recht Gebrauch machen zu können.
Das Risiko liegt beim Händler. Dementsprechend haften Sie als Verkäufer für Beschädigung und Verlust.
Häufig kommt nach dem Widerruf keine neuwertige Ware zurück, sondern verschmutzte Kleidung oder ein Radio mit verkratzter Oberfläche. Der Kunde muss für den geminderten Wert Ersatz leisten. Allerdings nur, wenn er die Ware auf eine Art und Weise verwendet hat, die über den normalen Test des Artikels hinausgeht. Bei einer Bluse müssen Sie also möglicherweise akzeptieren, dass vom Anprobieren ein Make-up-Rand am Kragen zurückgeblieben ist, nicht jedoch Materialveränderungen von einem zu heißen Waschgang.
In der Regel sind Sie als Verkäufer in der Beweispflicht für die übermäßige Nutzung. Da dies schwierig ist, gilt der „Beweis des ersten Anscheins“. Bei deutlichen Gebrauchsspuren muss deshalb der Kunde erklären, wie diese im Rahmen einer normalen Nutzung entstanden sind.
Ein Wertersatz kommt in Ihrem Fall nur in Frage, wenn Sie den Käufer zuvor im Rahmen der Widerrufsbelehrung über diese Rechtsfolge informiert haben.
Selbstverständlich dürfen Sie Ihren Kunden auch eine verlängerte Widerrufsfrist einräumen. Aber Achtung: Belehren Sie sie dennoch korrekt zum gesetzlichen Widerrufsrecht. Andernfalls besteht zum einen Abmahngefahr – und zugleich die Gefahr, dass die Widerrufsfrist wiederum nicht beginnt zu laufen.
Da vor allem der Onlinehandel stark automatisiert ist, kommt es häufig vor, dass auch bei B2B-Geschäften nach Vertragsschluss Widerrufsbelehrungen versandt werden, zum Beispiel mit der Bestellbestätigung. Ob dann automatisch ein Widerrufsrecht zustande kommt, ist nicht schlussendlich geklärt; sowohl in der Literatur als auch in der Rechtsprechung herrschen hierzu abweichende Aussagen.
Diese Fehler sollten Ihnen besser nicht passieren: