Wie analysiert man das Kaufverhalten des potentiellen Kundenkreises?

Sie haben nun Marktanalyse betrieben und Ihre Zielgruppen identifiziert. Nachdem Sie nun bereits einiges über die anzusprechenden Kundengruppen wissen, müssen Sie sich Gedanken über deren Kaufverhalten machen. Welche Werte sind für Ihre Kunden wichtig? Sind sie Genuss- und Lebemenschen oder doch eher sicherheitsbewusste Bürger, die versuchen, ihr Geld zusammenzuhalten? Welche Rolle spielen Faktoren wie Familie, Arbeit oder Freizeit? Damit Sie Ihre Zielgruppe exakt bedienen und adressieren können, müssen Sie sie genau kennen. Sie sollten deshalb das Kaufverhalten Ihrer Kunden analysieren und einordnen.

Grundsätzliche Arten des Kaufverhaltens

Zunächst können Sie das Kaufverhalten grundsätzlich anhand der verschiedenen Arten des Kaufverhaltens eingruppieren:

  • extensives Kaufverhalten: Ein extensives Kaufverhalten liegt vor, wenn sich der Konsument vor seiner Entscheidung ausführlich mit dem Produkt und der Auswahl beschäftigt. Gewöhnlich handelt es sich um Artikel mit einer langen Lebensdauer, einem hohen Wert sowie einem hohen Nutzen für den Alltag (z. B. Auto, Sauna).
  • limitiertes Kaufverhalten: Auch hier beschäftigt sich der Käufer im Vorfeld mit dem Produkt, es handelt sich nicht um Spontankäufe. Dennoch kürzt er an einem gewissen Punkt die Entscheidungsfindung ab und entscheidet sich sofort, obwohl er noch nicht alle Fakten und Alternativen kennt. Beispiel: Der Kunde benötigt eine neue Waschmaschine. Er hat sich überlegt, welche Leistungsmerkmale sie aufweisen soll. Dann kauft er einfach das Gerät einer ihm bereits bekannten Marke, das diese Eigenschaften erfüllt, unabhängig davon, dass eine andere Marke dieselbe Leistung vielleicht zu einem günstigeren Preis erbringen würde.
  • gewohnheitsmäßiges (habituelles) Kaufverhalten: Dieses Kaufverhalten herrscht insbesondere bei Artikeln des täglichen Bedarfs wie Lebensmitteln, Zahnpasta oder Toilettenpapier vor. Der Kunde kauft stets dasselbe Produkt, das er gewohnt ist, und verzichtet weitgehend darauf, Neues auszuprobieren.
  • Abwechslung suchendes Kaufverhalten: Der Kunde ist nicht auf ein bestimmtes Produkt fixiert, sondern sorgt gerne für Abwechslung. Zwar kommt es oft impulsiv zu dem Wunsch nach Abwechslung, es handelt sich aber dennoch nicht um Spontankäufe, da sich der Konsument mit dem Produkt durchaus im Vorfeld schon beschäftigt hat. Beispiel: Der Kunde möchte herausfinden, ob die Schokolade von Marke A besser schmeckt als die von Marke B. Er hat sich aber bereits überlegt, dass er Halbbitterschokolade und Sorten mit ganzen Nüssen bevorzugt.
  • impulsives Kaufverhalten: Beim impulsiven Kaufverhalten handelt es sich um reine Spontankäufe. Beispiel: Die Familienmutter entscheidet sich im Supermarkt binnen Sekunden dafür, eine der Kochzeitschriften auf das Band zu legen, die direkt an der Kasse angeboten werden.

Selbstverständlich lässt sich nicht jeder Kunde in nur eine einzige dieser Gruppen einordnen. Beim Kauf von Zahnpasta legt ein- und derselbe Kunde mitunter ein völlig anderes Kaufverhalten an den Tag als bei der Auswahl eines Fahrrads oder eines Computers.

Einordnung des Kaufverhaltens in Sinus-Milieus

Das Sinus-Institut hat vor einigen Jahren die sogenannten Sinus-Milieus auf wissenschaftlicher Basis erarbeitet. Dabei wurden die Deutschen anhand ihrer individuellen Werte und Lebensstile, ihrer persönlichen Lebensziele, ihrer Einstellungen und ihrer Befindlichkeiten in zehn Milieus eingeteilt, die sie charakterisieren:

Einteilung des Kaufverhaltens

Milieu

Anteil der Bevölkerung

Eigenschaften

konservativ-etabliert

10%

klassisches Establishment, Standesbewusstsein, Exklusivitäts- und Führungsansprüche

liberal-intellektuell

7,1%

aufgeklärte Bildungselite, liberale Grundhaltung, Wunsch nach Selbstbestimmung, viele intellektuelle Interessen

Performer

7,4%

Leistungselite, effizienzorientiert, global-ökonomisches Denken, Know-how im IT- und Multimedia-Bereich, Konsum- und Stil-Avantgarde

expeditiv

7,1%

ambitioniert, kreativ, mobil, online und offline gut vernetzt, immer auf der Suche nach neuen Lösungen

sozialökologisch

7,1%

konsumkritisch, normative Vorstellungen vom „richtigen“ Leben, Kritiker der Globalisierung, ökologisches und soziales Bewusstsein

adaptiv-pragmatisch

9,3%

moderne, junge Mitte, hohes Nutzenkalkül, ausgeprägter Lebenspragmatismus, zielstrebig, kompromissbereit, flexibel, an Sicherheit interessiert, wollen dazugehören

bürgerliche Mitte

14%

anpassungsbereit, leistungsbereit, gesellschaftliche Ordnung wird akzeptiert, gesicherte Verhältnisse im Vordergrund

traditionell

13,9%

Kriegs- und Nachkriegsgeneration, liebt Sicherheit, kleinbürgerliche Weltanschauung, typische Arbeiterkultur

prekär

9,1%

Angst vor der Zukunft, oft Opfer sozialer Benachteiligung, schlechte Aufstiegschancen, versucht mit dem Konsum der Mitte mitzuhalten

hedonistisch

15%

vor allem Interesse an Spaß und Erlebnissen, verweigern Konventionen, lehnen Erwartungen an sie ab

Vielleicht fällt es Ihnen auf den ersten Blick etwas schwer, Ihre Kundschaft in diese Milieus einzuordnen. Versuchen Sie es dennoch, denn es wird Ihnen einen besseren Überblick über die Einstellungen und Motive Ihrer Zielgruppe geben. Lesen Sie sich zu den Nielsengebiete und Sinusmilieus noch etwas mehr durch!

Einflussfaktoren auf das Kaufverhalten

Um sich ein möglichst vielfältiges Bild von Ihren Kunden zu machen, sollten Sie sie in Hinblick auf folgende Kriterien untersuchen:

  • Altersgruppe
  • Geschlecht
  • Nationalität und Muttersprache
  • persönliches Interesse an dem Produkt
  • Kundennutzen
  • Haushaltseinkommen und in Verbindung damit die Kaufkraft
  • persönliche Motive für den Kauf
  • Häufigkeit und Zeitpunkt des Kaufs
  • Mitgliedschaft in Vereinen, Verbänden oder Parteien
  • Bildungsstand
  • Beruf
  • soziale Schicht

All diese Faktoren können die Kaufentscheidung Ihrer Zielgruppe beeinflussen.

Kaufverhalten von Unternehmen

Adressieren sich Ihre Produkte auch oder ausschließlich an Unternehmen, sollten Sie diese Zielgruppe gesondert betrachten, da sich ihr Kaufverhalten von dem der Privatkunden stark unterscheidet. Insbesondere in mittelständischen und großen Unternehmen wird die Kaufentscheidung in der Regel nicht nur durch eine Person, sondern durch mehrere getroffen. Neben den Benutzern der zu kaufenden Produkte sind im Einkaufsprozess der Einkäufer selbst, die Entscheider (z. B. Fachvorgesetzte, Geschäftsführung) sowie bestimmte Beeinflusser beteiligt. Es ist gewöhnlich schwierig, auf den ersten Blick zu bestimmen, die Meinung welcher Personen in der Praxis tatsächlich ausschlaggebend ist.

Das Kaufverhalten orientiert sich außerdem daran, ob es sich um den ersten Einkauf oder um einen Wiederholungskauf handelt. Beim Erstkauf steht gewöhnlich ein hoher Informationsbedarf im Vordergrund, da neben dem reinen Produkt auch zahlreiche weitere Parameter zu klären sind, beispielsweise zu Zahlungs- und Liefermodalitäten. Wiederholungskäufe hingegen laufen relativ zügig und routiniert ab.

Die notwendigen Informationen beschaffen

Einige der für die Analyse des Kaufverhaltens benötigten Informationen bekommen Sie im Rahmen der Datenrecherche für die Marktanalyse. Es gibt eine Vielzahl an Online- und Offlinequellen für Markt- und Branchendaten, aus denen Sie die erforderlichen Daten entnehmen können. Leider werden Sie daraus zu bestimmten Bereichen keine Informationen gewinnen können. So werden Sie zwar Informationen zum Einkommen, zur Nationalität oder zum Geschlecht Ihrer Zielgruppe bekommen, aber individuelle Gegebenheiten wie persönliche Motive, Interessen oder Kaufzeitpunkt lassen sich nicht standardisiert erheben.

Benötigen Sie also noch detailliertere Informationen zum Kaufverhalten Ihrer Zielgruppe, benötigen Sie weiterführende Hilfe von spezialisierten Instituten. Ist es Ihnen gelungen, Ihren Kundenkreis in die Sinus-Milieus einzuteilen, bietet Ihnen das Sinus Institut beispielsweise vielfältige weitere Informationen zu den Werten der Konsumenten, ihrem Umgang mit den Medien oder ihre Definition von Glück in den jeweiligen Milieus.

Grundsätzlich gilt es für Sie allerdings auch, selbst aktiv zu werden. Beschäftigen Sie sich ausführlich mit Ihrer Zielgruppe. Befragen Sie stichprobenartig Ihre Kunden. Lassen Sie sich erklären, was die durch Sie adressierten Menschen bewegt, auf welcher Grundlage sie ihre Kaufentscheidung treffen und welchen Nutzen sie sich von einem Konsumgut versprechen. Auch Beobachtungen können eine aufschlussreiche Informationsquelle sein. Besuchen Sie beispielsweise das Geschäft eines Konkurrenten und beobachten Sie dabei, wie sich dessen Kunden vor Ort verhalten.

Auswertung des Kaufverhaltens im E-Commerce

Möchten Sie sich im E-Commerce selbstständig machen, haben Sie es etwas einfacher, an Datenmaterial zu gelangen. In diesem Bereich gibt es bereits eine Vielzahl an Studien, die sich auf das Kaufverhalten beziehen. Über Trackingtechnologien, A/B-Splittests, Clickmaps und weitere Methoden können Sie außerdem genau analysieren, wie sich die Besucher auf Ihrer Website bewegen. Welche Informationen sehen sie sich vor ihrem Kauf wie lange an? Auf welcher Seite verlassen sie überdurchschnittlich oft den Bestellprozess? Welche Produkte werden bevorzugt gekauft? Solche und viele weitere Informationen lassen sich mit geeigneten Tools und einer gehörigen Portion Geduld auswerten. So können Sie Ihr Marketing und Ihre E-Commerce-Strategie Schritt für Schritt noch besser an Ihrer Zielgruppe ausrichten.

Neuromarketing: Das Kaufverhalten über das Unterbewusstsein beeinflussen

In den letzten Jahren wird das Marketing immer mehr durch das sogenannte Neuromarketing beeinflusst. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass ein Großteil der Kaufentscheidungen durch das Unterbewusstsein beeinflusst oder sogar getroffen wird. Im Gegensatz zum klassischen Marketing konzentriert man sich beim sogenannten IPS-Marketing nicht auf den kleinen Teilbereich der Persönlichkeit, der nach außen hin sichtbar wird, sondern auf die Gesamtpersönlichkeit, die überwiegend unter der Oberfläche schlummert. Man macht sich das Unterbewusstsein zu Nutze, um den Konsumenten in seiner Entscheidung zu beeinflussen. Wie das Kaufverhalten durch das Unterbewusstsein bestimmt werden kann, habe ich bereits in einem früheren Artikel beleuchtet. Ich gehe davon aus, dass solche Methoden zukünftig noch viel wichtiger werden könnten.

Puh, geschafft, das war nicht ganz einfach. Nun haben Sie so ziemlich alle Kriterien der Marktanalyse erarbeitet und Informatuionen beschafft. Passen Sie nun ggf. Ihre Geschäftsidee MIT Ihrem Berater an die neuen Informationen an! Dieser Schritt ist nicht zwangsläufig nötig, daher können Sie ihn auch überspringen und direkt zur Beschaffung der Kostenvoranschläge und Angebote gehen.

Bild Torsten Montag mit weißem Hemd, sitzend
Gründerlexikon-Redaktion Torsten Montag

Torsten Montag ist seit 2004 als Chefredakteur inhaltlich für das Gründerlexikon verantwortlich. Er ist regelmäßig Interviewpartner sowie Gastautor von Fachbeiträgen externer Medien zum Thema Gründung und Selbständigkeit. Bevor er gruenderlexikon.de gegründet hat, war er als Steuerfachangestellter und Betriebswirt ua. bei PwC und einer Steuerkanzlei in Thüringen tätig.