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Welche Berufe bzw. Unternehmer müssen in einer Kammer Mitglied werden? Um es ganz kurz zu sagen: Es gibt nur wenige Betriebe, die nicht Zwangsmitglied einer Kammer werden müssen. Für alle anderen gilt die Mitgliedschaft als Zwangsmitgliedschaft oder Pflichtmitgliedschaft, eingeteilt nach der Art des Gewerbes. Heute verrate ich Ihnen, welche Unternehmen der Industrie- und Handelskammer oder anderen Kammern angehören, wie hoch die Pflichtbeiträge sind und ob Personen oder Körperschaften endlich aus der IHK austreten können. Vor allem zeige ich Ihnen aber, wie Sie Ihre Zwangsbeiträge von der Kammer wiederholen können.
Grob unterteilt man die Unternehmer in Industrie- und Wirtschaftsunternehmen, Handwerker, landwirtschaftliche Betriebe und freie Berufe. Sie gehören jeweils unterschiedlichen Kammern an:
Wenige Tätigkeiten kommen ohne Kammerpflicht aus (kammerfreie Berufe). Dazu gehören unter anderem Journalisten, Künstler, Dozenten und Unternehmensberater sowie beratende Betriebswirte.
Grundsätzlich schützt die IHK ihre Mitglieder: Sie achtet im Rahmen ihrer Aufgaben auf Berufsordnungen, ethische Aspekte und Wettbewerbsverhalten. Außerdem kümmert sie sich um die Ausbildung und Abnahme von Prüfungen. Zu ihren Aufgaben gehören auch Fort- und Weiterbildungen in Form von Zertifikats- oder Prüfungslehrgängen, ebenso wie Existenzgründerseminare, allerdings mit regionalen Unterschieden bei Angebot, Kosten und Dauer.
Um die Beitragspflicht kommen Sie als Gewerbebetrieb nicht herum – dann nehmen Sie am besten die Leistungen Ihrer IHK auch in Anspruch. Viele Personen wissen gar nicht, welche Aufgaben und Leistungen die IHK übernehmen kann, zum Beispiel:
Der Beitrag für die Mitgliedschaft variiert von IHK zu IHK. Die Vollversammlung entscheidet darüber, welche Pflichtbeiträge von den Personengesellschaften und Körperschaften im Bezirk erhoben werden sollen. Einheitlich geregelt ist jedoch, dass sich der Beitrag aus zwei Bausteinen zusammensetzt:
Bei der IHK für München und Oberbayern liegt der Grundbeitrag für Gewerbetreibende bei mindestens 50 Euro, für im Handelsregister eingetragene Firmen bei 175 Euro. Die Umlage beträgt 0,149 Prozent des Gewerbeertrags oder Gewinns. Bei der IHK Berlin liegt der Grundbeitrag bei mindestens 25,60 Euro, für im Handelsregister eingetragene Firmen bei 64 Euro. Die Umlage beziffert sich auf 0,17 Prozent.
Besonderheiten für die Berechnung der Beiträge zur IHK:
Fragen Sie sich, ob Sie für Ihren Beitrag den Gewerbeertrag oder den Gewinn als Bemessungsgrundlage heranziehen müssen? Die Unterscheidung ist einfach: Bei allen Gewerbetreibenden, die der Gewerbesteuerpflicht unterliegen, wird der Gewerbeertrag verwendet. Alle anderen Unternehmen setzen ihren Gewinn an.
Der Handwerkskammer gehören nach § 90 HWO nicht nur meisterpflichtige Handwerke an, sondern auch Handwerker ohne Meisterzwang und Personen, die ein handwerksähnliches Gewerbe ausüben. Ausnahmen bilden Minderhandwerker mit einem Gewerbeertrag von maximal 5.200 Euro (§ 90 Abs. 3 HWO) sowie Existenzgründer, deren Ertrag höchstens 25.000 Euro pro Jahr beträgt (1. Jahr beitragsfrei, 2. und 3. Jahr halber Grundbeitrag, 4. Jahr voller Grundbeitrag, aber noch kein Zusatzbeitrag). Auch bei der Handwerkskammer werden die Pflichtbeiträge durch die Vollversammlung jedes Jahr auf der Basis von § 113 HWO neu festgelegt und setzen sich aus einem Grundbeitrag und einem Zusatzbeitrag zusammen.
Wenn Sie der Pflichtmitgliedschaft nach IHK-Gesetz (IHKG) oder anderen Gesetzen unterliegen, werden Sie automatisch Mitglied, ohne selbst tätig zu werden. Die für Ihr Unternehmen zuständige Kammer erhält aufgrund der Gewerbeanmeldung für Ihre Tätigkeit Kenntnis von Ihrem Gewerbebetrieb und nimmt von sich aus Kontakt zu Ihnen auf.
Wann die Zwangsmitgliedschaft beginnt, hängt von der Unternehmensform ab. Gewerbetreibende, die als Einzelunternehmen oder Personengesellschaft firmieren, sind ab der Aufnahme ihrer gewerblichen Tätigkeit Mitglied. Für Körperschaften wie Kapitalgesellschaften und Genossenschaften hingegen entsteht die Beitragspflicht erst, wenn sie ins Genossenschafts- oder Handelsregister eingetragen wurden.
Weder die Zwangsmitgliedschaft in einer Kammer selbst noch die Entscheidung, zu welcher Kammer Sie gehören möchten, ist Ihnen freigestellt. Auch können Sie nicht einfach aus der IHK austreten oder kündigen. Je nach Unternehmensform endet die Kammerzugehörigkeit für Ihre Tätigkeit regulär mit dem Ende der Gewerbesteuerpflicht, der Löschung des Eintrags im Handelsregister oder der Abmeldung des Gewerbes.
Es müssen schwerwiegende Gründe vorhanden sein, um aus der Kammer ausgeschlossen zu werden. Gleichzeitig ist mit diesem letzten Schritt nämlich auch ein Berufsverbot verbunden. Vor einem Ausschluss können jedoch diverse Disziplinarmaßnahmen stehen, sodass die Existenz nicht gefährdet ist. Rügen, Bußgelder und Gerichtsverfahren gehören dazu. Gründe für einen endgültigen Ausschluss sind gegeben, wenn trotz aller Verwarnungen nachhaltige Verstöße gegen die Berufsordnung vorliegen – oft verbunden mit Klagen und Beschwerden seitens anderer Kammermitglieder oder betroffener Unternehmer und Privatpersonen – oder sogar größere Straftaten begangen wurden. Jeder Einzelfall wird gründlich geprüft.
Bei der IHK gibt es eng gesteckte Grenzen (§ 3 IHKG), innerhalb derer Sie sich von der Beitragspflicht für Ihren Gewerbebetrieb befreien lassen können:
Wichtig: Erfüllen Sie die Voraussetzungen für die Befreiung von der Beitragspflicht, müssen Sie diese beantragen. Nur dann setzt die IHK den Grundbeitrag und/oder die Umlage aus. Ähnliche Voraussetzungen gibt es auch bei anderen Kammern.
Manche Berufszweige sind zwangsläufig Mitglied in zwei Kammern: Handwerker, die auch mit Ersatzteilen handeln, gehören der IHK und der Handwerkskammer an, Apotheker aus ähnlichem Grund der IHK und der Apothekerkammer. Grundsätzlich gilt, dass allein die bestehende Möglichkeit zur Ausübung eines Gewerbes ausreicht, um bereits bei der IHK Mitglied zu werden. So kann es beispielsweise auch Steuerberater oder Landwirte und alle diejenigen treffen, die in irgendeiner Form potenziell ein Gewerbe betreiben könnten. Allerdings werden unter einem Ertrag von 5.200 Euro pro Jahr keine Gebühren erhoben.
Die Pflichtmitgliedschaft wird immer wieder heftig diskutiert, da selbst mit Freibetrag erhebliche Pflichtbeiträge zu zahlen sind, andererseits der Nutzen der Industrie- und Handelskammer bezweifelt wird und die Vereinbarkeit mit der im Grundgesetz verankerten Vereinigungsfreiheit nicht gegeben zu sein scheint. Dies wurde in einem Urteil zur Bereicherung der Kammer durch das Koblenzer Verwaltungsgericht bestätigt. Tatsächlich sieht das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) jedoch in diesem letzten Punkt keine Schwierigkeiten: Da die Kammern halbstaatliche Aufgaben erfüllen, ist diese Zwangszugehörigkeit dem Bundesverfassungsgericht zufolge rechtens, muss aber immer wieder von Gesetzgeberseite aus geprüft werden, da sich die Umstände, die eine solche Zwangsmaßnahme erlauben, jederzeit ändern können (erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Pflichtmitgliedschaft, BVerfG, Urteil vom 12.07.2017, Az. 1 BvR 2222/12, 1 BvR 1106/13).
Bleibt die Frage der Kosten. Die Kammern besitzen die eigene Finanzhoheit und legen ihre Pflichtbeiträge ebenso wie ihre Satzungen nach IHKG selbst fest. Um beispielsweise Existenzgründer und Kleinunternehmer mit geringem Einkommen nicht zu stark zu belasten, gibt es jedoch bei den Beiträgen bei vielen Kammern Ausnahmen.
Generell sind alle Unternehmen, die der Gewerbesteuer unterliegen, verpflichtet der IHK beizutreten. Dabei spielt es keine Rolle, ob tatsächliche Gewerbesteuer entrichtet wird. Die IHK berechnet den jeweiligen Jahresbetrag mithilfe der Gewerbeerträge des Unternehmens aus. Diese erhält sie vom Finanzamt. Nicht beitragspflichtig sind Unternehmer, die keine Eintragung im Handelsregister besitzen und die einen geringeren Gewinn als 5.200 Euro erwirtschaften.
Die meisten IHKs in Deutschland bieten Existenzgründerseminare an, um die Gründer auf die Gründung und die Selbstständigkeit vorzubereiten. Dazu gehören Bereiche wie Marketing, Buchführung, Steuern und so weiter.
Das Gründerlexikon-Team hatte schon einmal die Kosten der IHK-Existenzgründerseminare verglichen, um zu zeigen, dass in der IHK Landschaft keine Einigkeit existiert. Es wurde deutlich, dass es große Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Seminaren gab, auch im Hinblick auf die Dauer, die Strukturierung und den jeweiligen Preis. Somit lässt sich den Existenzgründerseminaren kaum ein Wert zuschreiben, solange sie nicht vereinheitlicht werden und damit auch allen Gründern die gleichen Chancen bieten. Ein alternatives Schulungsangebot wäre sinnvoll, um sich nicht auf das, wo mögliche teure, IHK-Seminar verlassen zu müssen. Bei einem Thema ist sich die IHK jedoch bundesweit einig: die Pflichtmitgliedschaft für Unternehmer soll bestehen bleiben. Da stellt sich dem Unternehmer schnell die Frage:
Bereits 2012 reichte Oliver Scharfenberg eine Petition ein, um die Zwangsmitgliedschaft bei der IHK abzuschaffen oder wenigstens zu ändern. Denn seiner Meinung nach kommen viele Leistungen der IHK den großen Unternehmen und Konzernen zu Gute. Kleinunternehmer profitieren hingegen kaum.
Doch er war nicht der Einzige, der gegen die IHK rebellierte. Die Gerichtsurteile zum Thema Zwangsbeitrag und Pflichtmitgliedschaft häufen sich immer weiter an. Hier eine kleine Übersicht.
Gericht | Datum | Kläger | Urteil |
Verwaltungsgericht Koblenz | 29.09.2008 | Klage gegen Beitragsforderung nach Abmeldung des Gewerbes | Trotz Abmeldung der GmbH müssen Pflichtbeiträge gezahlt werden |
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz | 20.09.2010 | Klage gegen die Pflichtmitgliedschaft und Mitgliedsbeiträge | Beiträge und Mitgliedschaft sind rechtmäßig |
Verwaltungsgericht Trier | 16.11.2011 | Klage gegen den Beitrag wegen Eingriff in das Existenzminimum | Die Frage des Existenzminimums muss von der IHK nicht berücksichtigt werden |
Verwaltungsgericht Kassel | 20.04.2012 | Klage gegen einen Beitragsbescheid | Beiträge und Mitgliedschaft sind rechtmäßig |
Koblenzer Gericht | 2014 | ITC Logistic Group. | Der Beitrag wäre aufgrund großer Rücklagen nicht nötig. Das Unternehmen bekam Recht, da die IHK Koblenz den Beitrag aufgrund großer Rücklagen nicht brauchte |
Verwaltungsgericht Berlin | 12.12.2014 | Kläger hatte illegal Altmetall verkauft. Die IHK verlangte daraufhin Beiträge | Auch bei rechtswidrigen Betätigungen ist die IHK-Mitgliedschaft rechtmäßig |
Bundesverfassungsgericht | 12.07.2017 | Verfassungsbeschwerde wurde eingereicht | Beiträge und Mitgliedschaft sind rechtmäßig |
EuGH | Juli 2017 | Völkerrechtler Prof. Dr. Bernhard Kempen vertritt den Bundesverband für freie Kammern e.V. | Beschwerde wurde nicht angenommen, damit erfolglos. |