Am von Torsten in kurz notiert geschrieben und am 28.07.2021 um 15:55 aktualisiert
Corona-Hilfe für Eltern

Kinderbetreuung Coronakrise: Rechte der Selbstständigen?

Infolge der Corona-Pandemie sind mittlerweile bundesweit die Kindergärten, Kitas und Schulen geschlossen. Die Schutzmaßnahme sollten bis mindestens zum Ende der Osterferien gelten. Doch selbst Ende Mai ist immer noch keine Normalität in Aussicht. Das stellt berufstätige Eltern vor enorme Herausforderungen. Denn die Notbetreuung nimmt in der Regel nur Kinder von Eltern auf, die in systemrelevanten Berufen arbeiten. Was können Unternehmer, Selbstständige und Freiberufler tun?

Spielendes Mädchen
Wie können Selbstständige und Freiberufler in der Coronakrise die Kinderbetreuung sicherstellen?
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Inhaltsverzeichnis:

  1. Notfallbetreuung für systemkritische Berufe
  2. Ausweitung der Notbetreuung in vielen Bundesländern
  3. Notfallbetreuung am Wochenende und in den Osterferien
  4. Welche Berufe sind systemrelevant und haben Anspruch auf Kinderbetreuung?
  5. Kosten für Tagesmutter von der Steuer absetzen
  6. Verdienstausfall wegen Kinderbetreuung: Finanzielle Entschädigung für Eltern

Die Schulschließungen, die dabei helfen sollen das Coronavirus einzudämmen, sind für Selbstständige in mehrfacher Hinsicht eine enorme Bürde. Wenn das Unternehmen nicht ohnehin schon unter Auftragsrückgängen und Umsatzeinbußen leidet, fehlen viele Mitarbeiter, weil diese sich um ihre eigenen Kinder kümmern müssen. Schließlich sollen Betreuungsgruppen, bei denen sich mehrere Kinder treffen, sowie die Kinderbetreuung durch die Großeltern vermieden werden. Letztere gehören zur Hochrisikogruppe und jeder unnötige Kontakt könnte zur Verbreitung von Covid-19 beitragen.

Auch wenn im Mai in vielen Bundesländern wieder Schulen und Kitas zum Teil geöffnet wurden, so gilt das jedoch noch längst nicht für alle Kinder. Während zum Beispiel in Hessen bereits alle Schulen wieder offen sind, ist das in Bayern noch nicht der Fall.

Umso mehr sind die Unternehmer selbst gefragt. Selbst dann, wenn die Aufträge zurückgehen, müssen derzeit viele bürokratische Aufgaben erledigt werden, um zum Beispiel Kurzarbeit einzuführen, Hilfsgelder zu beantragen und mit dem Finanzamt über Steuerstundungen zu verhandeln. Solo-Selbstständige sind in jeder Hinsicht auf sich selbst gestellt und deshalb auf jede Hilfe angewiesen.Im Folgenden sind die Möglichkeiten beschrieben, die Eltern in Anspruch nehmen können, sofern ihre Kinder noch nicht in die Schule oder in den Kita dürfen.

Notfallbetreuung für systemkritische Berufe

Die Notbetreuung ist in der Coronakrise den systemkritischen Berufen vorbehalten. Dazu zählen vor allem Polizei, Feuerwehr, medizinisches Personal (zum Beispiel Ärzte, Apotheker, Labormitarbeiter, Krankenschwestern, Pflegekräfte, Reinigungspersonal) und Mitarbeiter von Gesundheitsämtern. Aufgrund der erhöhten Nachfrage nach Lebensmitteln und Hygieneartikeln wird jedoch auch der Einzelhandel als kritische Infrastruktur eingestuft. Das immerhin bietet selbstständigen Supermarkt- und Drogeriebetreibern die Möglichkeit, ihre Kinder kostenlos betreuen zu lassen. Gleiches gilt zum Beispiel für freiberufliche Hebammen. Die Masse der Selbstständigen hatte bisher jedoch im Normalfall keinen Anspruch auf Notbetreuung der Kinder.

Ausweitung der Notbetreuung in vielen Bundesländern

Nach der ersten Woche der bundesweiten Schulschließungen haben viele Bundesländer eine Ausweitung der Notbetreuung beschlossen. Diese sieht vor, dass ab dem 23. März 2020 auch Familien ihre Kinder in die Notfallbetreuung schicken können, in denen nur ein Elternteil in der kritischen Infrastruktur arbeitet. Der Beruf des zweiten Erziehungsberechtigten spielt keine Rolle mehr. Das gilt zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Berlin. Bisher mussten beide Erziehungsberechtigte "unverzichtbar" sein.

Das heißt: Selbstständige und Freiberufler, die einen Partner haben der einem systemkritischen Beruf nachgeht, können die Notbetreuung in Anspruch nehmen, werden dadurch endlich entlastet und können sich um ihr Business kümmern. Im Laufe der Wochen wurde die Notbetreuung zudem immer weiter ausgeweitet.

Notfallbetreuung am Wochenende und in den Ferien

Länder wie NRW weiten die Notbetreuung außerdem auf das Wochenende und die Ferien aus, so dass in der Coronakrise besonders geforderte Eltern sich keine größeren Sorgen mehr um die Obhut ihrer Kinder machen müssen.

Durch diese Neuregelung gehören nun deutlich mehr Familien zum betreuungsberechtigten Kreis. Darunter nun durchaus auch Selbständige und Freiberufler, sofern sie selbst oder der Partner einen in dieser Situation gesellschaftlich unverzichtbaren Arbeitsplatz bekleiden.

Systemrelevante Berufe: Wer hat Anspruch auf Kinderbetreuung?

Was genau ein systemrelevanter Beruf ist, entscheiden die Bundesländer autonom. Allerdings zählen mitunter mehr Arbeitsplätze dazu, als man im ersten Moment annimmt. In Hamburg haben zum Beispiel die Angehörigen der folgenden Arbeitsbereiche Anspruch auf Notfallbetreuung:

  • Energie: Strom, Gas, Kraftstoffversorgung, Wasserver- & -entsorgung etc.
  • Ernährung und Hygiene (Produktion, Groß- und Einzelhandel, inkl. Zulieferung und Logistik, Drogerien etc.)
  • Finanzen (ggf. Bargeldversorgung, Sozialtransfers, Versicherungen, Börse, Versorgungskassen)
  • Gesundheit: Krankenhäuser, Rettungsdienst, niedergelassene Ärzte, Pflege, Eingliederungshilfe, Medizinproduktehersteller, Arzneimittelhersteller, Apotheken, Labore, Versorgungslogistik für Hygiene- & Desinfektionsmittel, Forschung & Entwicklung
  • Informationstechnik und Telekommunikation (insb. Einrichtung zur Entstörung und Aufrechterhaltung der Netze)
  • Lehrer und Pädagogen (soweit diese zur Aufrechterhaltung der Notbetreuung eingesetzt werden)
  • Logistik, Transport und Verkehr, Luftfahrt, Seeschifffahrt, Satellitennetze, meteorologische Dienste, Post, DHL usw.
  • Medien und Kultur: insb. Risiko- und Krisenkommunikation, Rundfunk (Fernsehen und Radio), gedruckte und elektronische Presse, Musee, Kulturdenkmäler, Bibliotheken
  • Staat und Verwaltung: Kernaufgaben der öffentlichen Verwaltung (Regierung und Verwaltung, Parlament), Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz, Justiz, Veterinärwesen, Küstenschutz
  • Abfallwirtschaft: Entsorgung und Verwertung von Müll

Tipp: Prüfen Sie in jedem Fall, ob durch den Beruf Ihres Partners ein Anspruch auf Kinderbetreuung besteht. Am besten sprechen Sie direkt mit den zuständigen Behörden und schildern Ihre individuelle Situation. Je nach Kulanz wird die Notfallbetreuung in begründeten Fällen auch dann gewährt, wenn keine Beziehung zu einem systemkritischen Beruf besteht. Ein Versuch ist es in jedem Fall wert!

Kosten für Tagesmutter von der Steuer absetzen

Aber auch die Ausweitung der Notfallbetreuung hilft bei weitem nicht jedem Selbstständigen. Wer sein Unternehmen nicht allein lassen kann oder will, der muss sich zwangsläufig eine private Kinderbetreuung organisieren. Tagesmüttern ist die Betreuung vielfach weiterhin erlaubt, wenn sie nur ein oder eine kleine Anzahl an Kindern betreut. Bitte prüfen Sie vorab, ob das auch in Ihrem Bundesland noch möglich ist.

Eine regelmäßige professionelle oder private Kinderbetreuung ist in aller Regel mit Kosten verbunden. Gibt es dafür keine Alternative, können die Ausgaben für die Kinderbetreuung möglicherweise als unvermeidliche Betriebsausgabe geltend gemacht werden.

Hierzu sollten Sie am besten vorab Ihren Steuerberater oder Ihren Sachbearbeiter beim Finanzamt kontaktieren, um auf Nummer Sicher zu gehen. Führt ohnehin kein Weg daran vorbei, sollten Sie in jedem Fall versuchen die Kosten in der Steuererklärung geltend zu machen und deshalb entsprechende Belege verlangen und aufbewahren.

Verdienstausfall wegen Kinderbetreuung: Finanzielle Entschädigung für Eltern

+++ Update am 22. Mai 2020, 09.35 Uhr +++

Obwohl es zunächst so aussah, dass es keine Verlängerung der Lohnfortzahlung geben sollte (diese war auf 6 Wochen beschränkt), beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch einen Gesetzesentwurf, in der eine Verlängerung auf 20 Wochen enthalten ist. Die Regelung sieht vor, dass es pro Elternteil 10 Wochen Lohnfortzahlung gibt, bei Alleinerziehenden sind es 20 Wochen.

Am 27. März 2020 wurde ein Gesetz verabschiedet, welches Eltern einen Lohnersatz zusichert, wenn diese wegen geschlossenen Kitas und Schulen unbedingt ihre Kinder zu Hause betreuen müssen und dadurch einen Einkommensausfall erleiden.

Nicht jedes Elternteil kann von zu Hause aus im Home-Office arbeiten. Mal davon ganz abgesehen, dass es eine enorme Belastung sein kann, zu Hause arbeiten und sich gleichzeitig um die Kinderbetreuung kümmern zu müssen. Aber was machen erwerbstätige Eltern, die wegen Kita- und Schulschließungen nicht auf Arbeit gehen können bzw. nicht arbeiten können, obwohl sie es müssten?

Der Gesetzgeber zahlt eine Entschädigung von 67 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens, wobei die Obergrenze bei 2.016 Euro pro Monat liegt. Die Zahlung gilt für maximal sechs Wochen.

Allerdings müssen dafür einige Voraussetzungen gegeben sein. Das Bundesministerium für Familie nennt folgende Bedingungen:

  • Elternteil muss erwerbstätig sein
  • Kind ist sorgeberechtigt
  • Kind ist unter 12 Jahre alt ODER
  • wegen einer Behinderung auf Hilfe angewiesen
  • Es gibt keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit

In Zeiten, in denen Schulen und Kitas wegen Ferien ohnehin geschlossen hätten, gibt es keine Entschädigung.

Bekommen auch Selbstständige die Entschädigungszahlung?

Ja. Der Gesetzgeber spricht von “erwerbstätigen Sorgeberechtigten”. Dieser Ausdruck ist nicht auf Arbeitnehmer allein beschränkt, sondern umfasst auch Selbstständige.

Was ist mit “keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit” gemeint?

Dieser Begriff ist recht weit gefasst. Die fehlende Betreuungsmöglichkeit soll zudem auf Verlangen nachgewiesen werden. Wer eine Notbetreuung in der Kita oder in der Schule in Anspruch nehmen kann, gehört dann nicht mit zu dem Kreis der Antragsberechtigten, da sie ja eine zumutbare Betreuungsmöglichkeit haben. Auch wenn andere aus der Familie die Betreuung der Kinder übernehmen können, gibt es keine Entschädigungszahlung. Obwohl das natürlich nicht bedeutet, dass nun die Großeltern die Betreuung übernehmen sollen, denn genau das soll ja vermieden werden. Wer von zu Hause aus arbeiten kann, etwa im Home-Office, oder Arbeitnehmer die in Kurzarbeit sind, haben ebenfalls keinen Anspruch auf die finanzielle Entschädigungszahlung.

Wo und wie beantrage ich die Entschädigungszahlung?

Arbeitnehmer müssen sich dazu mit dem Arbeitgeber in Verbindung setzen, denn die Auszahlung erfolgt über den Arbeitgeber. Selbstständige, die die Entschädigungszahlung für sich oder für ihre Mitarbeiter beantragen wollen, müssen sich an die zuständigen Behörde wenden. Welche Behörde das konkret ist, variiert von Bundesland zu Bundesland. Es sind auf jeden Fall die Behörden der Länder dafür verantwortlich, das heißt Landesgesundheitsbehörden, ihnen untergeordnete Behörden oder auch ganz andere Stellen.

Wichtig: So angespannt die Lage auch sein mag, halten Sie sich bitte an den Expertenrat. Kinder sollten nun auch aus der Not heraus nicht gruppenweise von anderen Eltern betreut werden. Großeltern und anderen ältere oder immungeschwächte Personen sind besonders gefährdet! Die Verhinderung der Ausbreitung von Covid-19 trägt auch dazu bei, dass sich die Wirtschaft möglichst schnell wieder stabilisieren kann.

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Gründerlexikon.de-Autor: Torsten
Torsten Montag ist seit 2004 als Chefredakteur inhaltlich für das Gründerlexikon verantwortlich. Er ist regelmäßig Interviewpartner sowie Gastautor von Fachbeiträgen externer Medien zum Thema Gründung und Selbständigkeit. Bevor er gruenderlexikon.de gegründet hat, war er als Steuerfachangestellter und Betriebswirt ua. bei PwC und einer Steuerkanzlei in Thüringen tätig.

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