Rundfunkbeitrag Befreiung? Alle Urteile und Antworten
Der europäische Gerichtshof hat entschieden: Die Umstellung der Rundfunkgebühr auf den neuen Rundfunkbeitrag in Deutschland war rechtens. Sie stelle keine erhebliche Änderung der Finanzierungsregelung dar und führe auch zu keiner wesentlichen Erhöhung der Vergütung.
Luxemburg, 24.10.2019 - Die lange Zeit gültige Rundfunkgebühr zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland wurde am 1. Januar 2013 durch den Rundfunkbeitrag ersetzt. Die öffentlich-rechtlichen Sender verfügen mit dieser Regelung über zusätzliche Befugnisse, die Ihnen beispielsweise die Zwangsvollstreckung von rückständigen Forderungen erlauben.
Der Fall
2015 und 2016 erstellte die Landesrundfunkanstalt Südwestrundfunk (SWR) gegen einige Rundfunkbeitragsschuldner Vollstreckungstitel, um nicht gezahlte Beiträge beizutreiben. Doch nachdem die Zahlungen weiterhin ausgeblieben waren, leitete der SWR gestützt auf diese Titel die Zwangsvollstreckung der Forderungen ein.
Dagegen wehrten sich die Schuldner vor den deutschen Gerichten. Das Landgericht Tübingen (zweite Instanz) vertrat die Auffassung, der Rundfunkbeitrag verstoße mit den hoheitlichen Beitreibungsrechten, die er den Sendern zuspricht, gegen das Unionsrecht. Deshalb wandte das Gericht sich an den Europäischen Gerichtshof.
Lesetipp: Unternehmen genießen nicht dieselben Privilegien wie die Rundfunksender. Deshalb sollten Sie sich in unserer Checkliste darüber informieren, welche gesetzlichen Regelungen zum Mahnwesen existieren und wann Sie ein Inkassounternehmen beauftragen können.
Entscheidung des EuGH
Der Europäische Gerichtshof stellte dann schließlich folgendes fest:
- Die Ersetzung der Rundfunkgebühr durch den Rundfunkbeitrag stellt keine erhebliche Änderung der Finanzierungsregelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland dar und durch die Änderung kam es auch zu keiner wesentlichen Erhöhung der Vergütung. Die neue Regelung stelle lediglich eine Anpassung an neue technologische Entwicklungen da.
Hinweis der Redaktion: Bei der alten Rundfunkgebühr war eine Entrichtung der Gebühr nur notwendig, wenn man ein Fernsehgerät besaß. Beim neuen Rundfunkbeitrag ist jeder zur Zahlung des Beitrags verpflichtet, der eine Wohnung besitzt (mit wenigen Ausnahmen). Die Begründung für diese Änderung lautet, dass aufgrund des technologischen Fortschritts davon auszugehen ist, dass jeder, der eine Wohnung besitzt, auch ein technisches Gerät hat, das sich zum Empfang eines öffentlich-rechtlichen Senders eignet (z.B. Smartphones, Tablets, Computer).
- Die Rechtsvorschriften der Union über staatliche Beihilfen verbieten es nicht, dass öffentlich-rechtlichen Sendern Befugnisse eingeräumt werden, die es ihnen ermöglichen, die Zwangsvollstreckung von Forderungen selbst beizutreiben.
Europäischer Gerichtshof in Luxemburg, Urteil vom 13.12.2018, Aktenzeichen C-492/17
GEZ am Ende? Rundfunkbeiträge müssen bargeldlos bezahlt werden
Wer mit dem Gedanken spielt, seine Rundfunkbeiträge beim WDR in bar zu bezahlen, der sollte diesen Plan am besten ganz schnell wieder verwerfen. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen mit Sitz in Münster hat nämlich jetzt entschieden, dass Beitragsschuldner auf diesen Zahlungsweg keinen Anspruch haben. Der Kläger wollte den Beitrag für das zweite Quartal des Jahres 2015 in bar bezahlen und nicht wie von der Satzung des WDR eigentlich vorgesehen per Überweisung oder Lastschrift. Den Verweis des Westdeutschen Rundfunks auf diesen Passus wollte der Kläger nicht akzeptieren und ging dagegen vor. Wie wir meinen, nicht ganz zu Unrecht.
Kläger brachte verständliches Argument vor
Der Kläger wandte sich nicht aus Spaß an der Freude gegen den auf seinen Standpunkt beharrenden WDR. Vielmehr bezog er sich auf das Bundesbankgesetz, das als einziges unbeschränktes Zahlungsmittel die Eurobanknoten vorsieht. Daraus schlussfolgerte der Kläger, dass er zur Barzahlung berechtigt ist. Gegen den WDR ging der Kläger übrigens bereits zweimal klagend vor, scheiterte aber wie auch diesmal.
Bürokratische Rechtfertigung des Urteils
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen begründete sein Urteil damit, dass eine Massenverwaltung wie jene des WDR letztlich sogar dem Bürger zu Gute kommt. Durch den Verzicht auf eine bargeldlose Bezahlung und die stattdessen per Lastschrift oder Überweisung vorgenommene Begleichung der Beitragsschulden lässt sich laut Gericht die Verwaltung vereinfachen. Hinzu kommt der Schutz vor einer höheren finanziellen Belastung im Falle einer Bezahlung in bar. Die Begleichung der Rundfunkgebühren dürfte demnach auf längere Sicht unanfechtbar bargeldlos ablaufen. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.06.2017 - 2 A 1351/16 -
Kritik wird immer lauter
Die Liste der Urteile zum Beitragsservice wird immer länger, woraus auch erkenntlich ist, dass sich immer mehr Unternehmer (auch Privatpersonen) gegen den jetzigen Beitragsservice wehren. Gerade bei YouTube und anderen sozialen Medien formieren sich Gruppen, die extremen Widerstand auf juristischem Wege oder durch Nichtzahlen oder boykottieren des Beitragsservices leisten. Es bleibt abzuklären, ob der Beitragsservice tatsächlich gerechtfertigt ist und ob er z.B. nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung auf alle Menschen anwendbar ist.
Es gibt Autoren, die behaupten einen Weg aus dem Beitragsservice zu kennen. Sie behaupten, der Beitragsservice wäre gesetzeswidrig und es gäbe viele Argumente, mit welchen sich der öffentliche Rundfunk widerspricht und gegen öffentliches Recht verstoßen würde. Eines dieser Bücher liegt unserer Redaktion vor, es wurde von Marco Fredrich geschrieben und heißt: Raus aus dem Zwangs-TV!
Ob und inwiefern die Argumentation exakt ist und inwieweit dieser Ratgeber und die entsprechenden Handlungsanweisungen anwendbar sind, bleibt zu prüfen. Die Redaktion von GründerNews bleibt an diesem Thema dran und berichtet selbstverständlich weiter.
Bundesverfassungsgericht bittet BdSt um Stellungnahme
Im Jahr 2016 wurden 8 Milliarden Euro an Rundfunkbeiträgen eingenommen. Rund 600 Millionen Euro, also nicht mal 10 Prozent, stammen von Unternehmern. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland mit der Höhe der Rundfunkbeiträge traurigerweise an der Spitze. Besonders makaber ist, dass seit 2013 jeder die Abgabe entrichten muss, auch wenn er gar kein Gerät für den Empfang besitzt. Aufgrund der vielen Klagen und Beschwerden muss sich mittlerweile das Bundesverfassungsgericht mit dem Thema ausführlich auseinandersetzen.
Bund der Steuerzahler liefert Stellungnahme
Das Bundesverfassungsgericht hat mehrere Institutionen um eine Stellungnahme geboten, darunter auch den Bund der Steuerzahler (BdSt). Dieser fordert vor allem eine Abschaffung der betrieblichen Rundfunkbeiträge. Der Grund ist recht plausibel. Unternehmer müssen einerseits als “Privatmann” die Abgabe leisten und andererseits zusätzlich als Unternehmer. Die Höhe des Rundfunkbeitrags für Unternehmer ist abhängig von der Anzahl der Angestellten und der Fahrzeuge. Allerdings ergibt sich ja kein zusätzlicher Nutzen - weder für den Unternehmer, noch für die Angestellten, die ja ebenfalls privat die Zwangsabgabe entrichten müssen.
Der BdSt fordert daher unserer Meinung nach zurecht die Abschaffung der “Doppel-Flat-Rate” für Unternehmer und Selbstständige. Die Kosten die den Firmen entstehen, müssen sie letzten Endes auch wieder auf die Verbraucher umlegen. Leidtragende sind deswegen, so die Ausführungen des BdSt, immer die Bürger - in mehrfacher Hinsicht.
Zudem gibt es genügend Einsparpotentiale auf der Seite der Rundfunkanstalten, ohne dass der Grundversorgungsauftrag infrage gestellt werden muss. Das Gründerlexikon wird seine Leser diesbezüglich weiter auf dem Laufenden halten.
Gericht schränkt Erhebung des Rundfunkbeitrags für Hotels ein
Für Hotels oder Anbieter von Ferienwohnungen gilt seit 2013 eine eigene Regelung bei der Erhebung des Rundfunkbeitrags für die öffentlich-rechtlichen Medien. Neben dem Beitrag für den Empfang in der Betriebsstätte selbst, muss für jedes Zimmer bzw. jede Ferienwohnung noch einmal ein Drittel des Beitrags entrichtet werden. Diesen sogenannten Beherbergungsbeitrag hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil jetzt eingeschränkt, und die betroffene Klage an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Beherbergungsbeitrag an tatsächliche Empfangsmöglichkeit gekoppelt
Dort war die Klägerin wie in allen vorhergehenden Instanzen gescheitert. Die Betreiberin eines Hostels in Neu-Ulm war zwar bereit den Rundfunkbeitrag an sich zu zahlen, aber nicht den zusätzlich je Zimmer erhobenen Betrag.
In seinem Urteil stellte das Gericht zwar fest, dass es sich bei diesem Zusatzbeitrag um eine von den Ländern zusätzlich erhobene Abgabe handelt, die verfassungsrechtlich eine besondere Rechtfertigung bedarf. Diese sei jedoch gegeben, da der Beherbergungsbeitrag eine zusätzliche Empfangsmöglichkeit darstellt, die im eigentlichen Betriebsstättenbeitrag für das Hotel selbst nicht abgeglichen sei. Das Gericht bestätigte auch die Regelung, dass aufgrund der technischen Entwicklung von Empfangsmöglichkeiten für den Gesetzgeber keine sichere Möglichkeit gibt den Verzicht auf Rundfunkumfang zu kontrollieren. Deshalb gibt es im Bereich des Wohnungs- und Betriebsstättenbeitrags dadurch keine generelle Befreiungsmöglichkeit.
Das Gericht stellte jedoch fest, dass im Falle des Zusatzbeitrags für Hotelzimmer oder Ferienwohnungen tatsächlich eine Empfangsmöglichkeit bestehen muss, damit dieser erhoben werden kann. Im vorliegenden Fall der Klägerin aus Neu-Ulm sei das allerdings nicht geprüft worden. Der Fall wird nun vor den unteren Instanzen weiterverhandelt.