Corona Soforthilfe: Behörden kämpfen mit Auszahlung
Die Soforthilfe-Programme der Länder und des Bundes laufen auf Hochtouren. Doch nicht bei allen Bundesländern geht es gleich schnell. Und da soll auch schon die nächste Welle von Soforthilfen für Unternehmer starten, die erste wurde noch gar nicht abgeschlossen.
Viele Unternehmer fragen sich: “Wo bleibt die Soforthilfe?“ Das Gründerlexikon hat bei den verantwortlichen Stellen nachgefragt. Etwa in der dritten Märzwoche begannen die Bundesländer damit, Soforthilfe-Programme für Unternehmen, die durch die Corona-Krise in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sind, zu initiieren. Bis Anfang Mai sind bereits etwa 2,1 Millionen Anträge auf Soforthilfe bei den Behörden der einzelnen Bundesländer eingegangen. Viele Unternehmen haben bereits Gelder erhalten. Andere warten immer noch vergeblich auf eine Rückmeldung zu Ihrem Antrag. Das Gründerlexikon hat recherchiert und den aktuellen Stand der Bearbeitung in den einzelnen Bundesländern herausgefunden.
Bis zu 25 Milliarden Euro in der 2. Förderwelle für den Mittelstand
Die Osnabrücker Zeitung berichtet, der Bund plane bis August mit weiteren 25 Mrd. Euro für Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitern. Diese Firmen könnten dann 6 Monate lang 50.000 € jeden Monat Corona-Soforthilfe erhalten. Voraussetzung sei ein Umsatzumbruch der Monate April bis Mai 2020 um mindestens 60% gegenüber den Vorjahresmonaten. Eine vernünftige Liquiditätsengpassberechnung im Rahmen eines Finanzplans ist bei diesen Größenordnungen unumgänglich, wie auch das Gründerlexikon bereits bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses bei der 1. Corona Soforthilfe hinwies.
Bedenklich schätzt das Gründerlexikon die Personalengpasssituation in den zuständigen Ämtern und Behörden ein, was diese hier vorliegende Studie der Bearbeitungsstände zeigt. Man kann längst noch nicht von einer vollständigen und zügigen Bewältigung der 1. Förderwelle sprechen, da steht die zweite schon vor der Tür. Es ist ein Bearbeitungsdesaster zu befürchten, bei welchem viele weitere kleine und mittelständische Betriebe auf der Strecke bleiben werden, wenn die Antragsbearbeitung nicht massiv durch Personal und / oder Technik unterstützt wird. Auch Betrugsfälle werden bei derartigen Größenordnungen mit großer Sicherheit wieder in die Höhe schnellen. Hier ist die Politik gefragter als bei den eigentlichen Unterstützungen, denn was sollen diese den KMUs bringen, wenn Sie gar nicht erst oder sehr verspätet ankommen?
Sachsen ist mittlerweile Spitzenreiter bei der Auszahlung
Von den eingegangen 73.800 Anträgen sind bereits 96,7% bewilligt oder schon ausgezahlt worden, so der Medienservice Sachsen. Auch Thüringen ist mit 94,65% auf der Zielgeraden.
Aber diese Erfolge sind auch mit größeren Mengen von Antragszahlen möglich, dass beweist Nordrhein-Westfalen (445.000 Anträge gesamt und 402.000 davon sind bewilligt) und Berlin (250.000 Anträge wurden gestellt, 208.000 sind bewilligt worden).
Anders sieht es dagegen in Bayern aus. Hier konnten die Behörden bisher erst 58 Prozent der Anträge bewilligen, wobei 1,5 Mrd. Euro ausgezahlt wurden. Vor einigen Tagen sah das Bild dagegen noch düsterer aus. Es gab einige Bundesländer, bei denen lediglich ein Bearbeitungsstand von unter 10 Prozent zu sehen war. Deshalb fragen sich hier die Unternehmer: „Wo bleibt meine Soforthilfe?“
Die Gründe für die Verzögerung sind vielfältig
In manchen Ländern, wie zum Beispiel Bayern, kann die Verzögerung der Auszahlung mit einem zu schnellen, wenn auch gut gemeinten Vorpreschen des Wirtschaftsministeriums erklärt werden. Die erste Welle der Anträge lief noch nicht über das jetzige Online-Formular, sondern mit einem schriftlichen Antrag. Dieser musste ausgedruckt, ausgefüllt und zurückgeschickt werden – ein Vorgang, der viele Möglichkeiten für Fehler bietet.
Die Unternehmer haben die Anträge teilweise handschriftlich und unleserlich zurückgeschickt. Eine fehlende Ausfüllhilfe produzierte im Nachhinein zahlreiche Rückfragen der Sachbearbeiter. Daher stellt das Ministerium schnell auf ein Online-Formular um, wie es bereits in anderen Ländern üblich war.
In anderen Bundesländern gab es ähnliche Probleme mit dem analogen Formular. Nicht alle haben die nötige Technik zu Hause, um den Antrag auszudrucken. In Thüringen wurden Formulare kurzerhand abgeschrieben und eingereicht. So etwas kostet im Nachgang viel Zeit bei der Abarbeitung.
Doch auch beim elektronischen Formular lauern Tücken, wie man am Beispiel Berlin sieht: Datenschutzprobleme legten die Antragsstellung gleich am ersten Tag lahm und mussten zunächst ausgeräumt werden. In Hamburg verzögerten technische Probleme den Start der Soforthilfe. Der Server stand zunächst still.
Die immense Flut der Anträge stellt die Länder vor eine große Herausforderung. Wie dem Gründerlexikon am Telefon persönlich mitgeteilt wurde, sind bei der Förderbank in Thüringen seit ihrem Bestehen im Jahre 1992 insgesamt ca. 70.000 Förderanträge eingegangen. Corona toppt alles und stellt Thüringen mit 30.000 Neuanträgen innerhalb weniger Tage vor ein personelles Problem. Jetzt wurden Mitarbeiter aus anderen Bereich abgestellt, um die Antragswelle zügig abzuarbeiten.
In einigen Fällen scheitert es auch an den Voraussetzungen der Unternehmen, denn diese erhalten nur bei sogenannten Liquiditätsengpässen einen Zuschuss. Dazu muss die Liquiditätsplanung stimmen (Hier lesen Sie, wie der Liquiditätsengpass berechnet wird!) oder überhaupt vorhanden sein. Nur so kann der Förderbedarf schnell errechnet und auch gegenüber der Behörde nachgewiesen werden.
Was muss bei der Beantragung des Zuschusses zur Corona Soforthilfe beachtet werden?
Nicht nur die Richtigkeit der Daten, die Vollständigkeit und Lesbarkeit des Antrags sind essenzielle Voraussetzungen für die Bewilligung der Corona-Soforthilfe für Unternehmer, sondern auch die Ehrlichkeit des Antragstellers spielt für den Selbständigen und seine künftige Existenz mit seiner Firma eine entscheidende Rolle. Das Gründerlexikon hat in den vergangenen Berichterstattungen stets großen Wert gelegt:
Nicht nur in den Beiträgen, sondern auch im Videomaterial wurde auf den Umstand und die mögliche Gefahr eines Subventionsbetrugs durch den wissentlich unrichtigen Antrag hingewiesen. Dies bestätigte Steuerberater Ralph Böttcher in einem Interview dem Gründerlexikon.
Wie können Unternehmen die Wartezeit überbrücken?
Derzeit wird auf beide Seiten gekämpft: Die Bundesländer versuchen der Flut der Anträge Herr zu werden und die Unternehmen tun alles, um die finanzielle Schieflage durchzustehen, bis die ersehnte Soforthilfe eintrifft. Die wichtigsten Rechtsfragen in diesem Zusammenhang hat Gründerlexikon sich von Rechtsanwalt Philip Brück beantworten lassen. Er klärt auf, ob man jetzt Steuern und Miete aussetzen darf und wie der Rechtsanspruch bei stornierten Aufträgen oder säumigen Schuldnern aussieht.