DSGVO: Wo bleibt der Datenschutz beim Adresshandel
Seit dem 4. Mai 2016 ist die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft getreten und ab dem 25. Mai 2018 ist sie zwingend anzuwenden. Bedeutet das das endgültige Aus für den Adresshandel, der damit sein Listenprivileg verliert? Nein, denn auch in der DSGVO wird Direktmarketing als berechtigtes Interesse beschrieben. Sicher gehen kann man nur mit Firmenadressen.
Brüssel, 15. März 2018 - Die DSGVO wird ab dem 25. Mai 2018 EU-weit bindend für alle Unternehmen. Die Erhebung, Speicherung und Nutzung personenbezogener Daten unterliegt nun folgenden Grundsätzen: Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, Datenvermeidung und Datensparsamkeit, Zweckbindung und Transparenz sowie Datensicherheit.
Verbot mit Erlaubnisvorbehalt
Der für den Adresshandel wichtigste neue Grundsatz ist das wesentlich striktere Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Dieses gab es auch schon im Bundesdatenschutzgesetz, aber unter §28 Absatz 3 Satz 2 wurde die Möglichkeit der Nutzung von Daten für Werbezwecke eingeräumt. Eine wichtige Grundlage für das so genannte Listenprivileg, das die Speicherung und den Handel mit personenbezogenen Daten ermöglichte.
Im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wurde dann spezifiziert, wofür Werbeeinwilligungen vorliegen müssen. Auf Bundesebene bleibt das UWG bestehen. Das Bundesdatenschutzgesetz wird aber durch das Bundesdatenschutzgesetz „neu“ ersetzt, das kein Listenprivileg mehr vorsieht. Bedeutet das das Aus für den Adresshandel?
Erwägungsgrund 47 als Schlupfloch
Den 99 Artikeln der DSGVO sind 173 Erwägungsgründe vorangestellt, die bei der Umsetzung der Artikel berücksichtigt werden sollen. Besonders der Erwägungsgrund 47 kann für den Adresshandel zukünftig eine gewichtige Rolle spielen. Er bezeichnet die Verarbeitung personenbezogener Daten für Direktmarketingzwecke als ein berechtigtes Interesse, wenn für den Betroffenen eine mögliche Verarbeitung zu diesem Zweck absehbar ist.
Zusätzlich wird im Artikel 9 Absatz 2 die Besonderheit eingeräumt, dass sensible personenbezogene Daten, wie beispielsweise die Ethnie, verarbeitet werden dürfen, wenn diese veröffentlicht vorliegen.
Weder der Erwägungsgrund 47, noch der Artikel 9 können aber ohne explizite Einwilligung eine legale Verwendung personenbezogener Daten gewährleisten. Es stellt sich die Frage, was als „absehbare“ Verarbeitung für Werbezwecke definiert wird und wann das persönliche Interesse des Betroffenen das berechtigte Interesse eines Unternehmens überwiegt. Wie diese Schlupflöcher also angewendet und in der Praxis ausgelegt werden, müssen zukünftige Verhandlungen erst noch zeigen.
Einen weiteren Erwägungsgrund nennt Dr. Frank Eickmeier:
"Das ergibt sich unter anderem auch aus dem Erwägungsgrund 38 [...] Kurzum: auch zukünftig werden die meisten Geschäftsmodelle der Onlinebranche ohne eine Einwilligung auskommen, solange sie sich innerhalb des Anwendungsbereiches dieser „redlichen Erwartungen“ ihrer User bewegen. Wie weit der Umfang dieser „redlichen Erwartungen“ tatsächlich geht, bleibt in der Zukunft abzuwarten. "
Firmenadressen weitgehend unbeeinflusst
Da die DSGVO nur für personenbezogene Daten gilt, ist man in punkto Neukundenakquise eigentlich nur mit möglichst anonymen Unternehmensdaten (Firmenadresse, allgemeine Angaben wie Branchenzuordnung oder Webseite) auf der sicheren Seite beim Adressen kaufen. Bereits ein Ansprechpartner stellt eine personenbezogene Information dar. Eine persönliche E-Mail Adresse oder Durchwahl sind entsprechend auch personenbezogen. Genau dieser Punkt muss auch beim Versand von Newslettern beachten werden.
Liegen Daten wie der Ansprechpartner, die Position des Ansprechpartners oder z.B. eine Durchwahl veröffentlicht vor, greift wahrscheinlich der erwähnte Artikel 9 Absatz 2 DSGVO. Ein Freifahrtschein ist das jedoch nicht.
Reaktion im Adresshandel
„Mit personenbezogenen Daten zu handeln, kann unseres Erachtens nicht mehr legal bewerkstelligt werden, weil Werbeeinwilligungen durch das Gebot der Transparenz nicht mehr an andere Bedingungen gekoppelt werden dürfen. Wir sammeln seit Jahren ausschließlich veröffentlichte Firmenadressen, aber beobachten nun gespannt die Entwicklung in punkto Ansprechpartner“, so Anett Witke von der Address-Base GmbH & Co. KG.
Fazit
In Hinblick auf DSGVO und UWG sollte man ab Mai 2018 zur Neukundenakquise lediglich rein postalische Firmenadressen nutzen und im Anschreiben auf die Herkunft der verwendeten Anschrift hinweisen. Die Kanzlei SRD Rechtsanwälte bestätigt in einem Artikel:
"Der Adresshandel bleibt auch nach der DSGVO zulässig. Insbesondere die explizite Erwähnung der Direktwerbung als berechtigtes Interesse in den Erwägungsgründen der Verordnung ermöglicht eine Interessenabwägung zugunsten der betroffenen Unternehmen."
Zwar sollte die Verwendung eines veröffentlichten Ansprechpartners unproblematisch sein, aber erst zukünftige Verhandlungen werden die tatsächliche Auslegung der Artikel und Erwägungsgründe der DSGVO zeigen.